19.02.2013, 16:58 Uhr

EU will 900 Mio. CO2-Zertifikate vom Markt nehmen

Brüssel - Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments hat für eine Änderung der Emissionshandels-Richtlinie gestimmt. Im Ausschuss wurden 38 Ja-, 25 Nein-Stimmen und eine Enthaltung gezählt. Demnach kann die EU-Kommission wie geplant mehr als 900 Millionen CO2-Zertifikate vorläufig aus dem Handel nehmen und so den Preis der Zertifikate stützen. Das letzte Wort hat im April das Europäische Parlament. Die EU-Kommission stimmt in der kommenden Woche darüber ab, ob bereits im Vorfeld der parlamentarischen Abstimmung Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten aufgenommen werden sollen.

Emisssionshandel wieder auf Kurs bringen

Matthias Groote (SPD), Vorsitzender des Umweltausschusses: "Die Vernunft hat gesiegt. Die Herausnahme der Zertifikate aus dem Emissionshandel hilft dem Klimaschutz. Europa kann den am Boden liegenden Emisssionshandel wieder auf Kurs bringen. Damit kann auch der Energie- und Klimafonds der Bundesregierung wieder gespeist werden, der ausschließlich mit den Erlösen des Zertifikatehandels finanziert wird. Bezahlt werden sollen damit zum Beispiel die Förderung der Elektromobilität und die Sanierung von Gebäuden. Der Preisverfall, der jetzt gestoppt werden kann, würde in diesem Jahr zu Einnahmen-Ausfällen von 1,2 bis 1,4 Milliarden Euro führen." Grote erklärte weiter, dass der Beschluss des Umweltausschusses den Druck auf Bundeskanzlerin Merkel erhöhe. Sie müsse die "Sandkastenspiele" zwischen den Ministern Rösler und Altmaier beenden, damit Deutschland in der Energie- und Klimaschutzpolitik in Europa mit einer Stimme sprechen könne.

BDEW verlangt grundlegende Reform des Systems

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) fordert hingegen eine grundlegende Reform des CO2-Zertifikatehandels. Der anhaltende Preisverfall beim Handel mit CO2-Zertifikaten erfordere eine Diskussion über eine nachhaltige Reform dieses für den Klimaschutz wichtigen und richtigen Instruments, so Hildegard Müller, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. "Das Zurückhalten von CO2-Zertifikaten, dem heute auch der federführende Umweltausschuss des Europäischen Parlaments zugestimmt hat, ist ein erster sinnvoller Schritt zur Stabilisierung des CO2-Handels. Dieses so genannte "backloading" darf aus Sicht der Energiebranche jedoch nur einmalig erfolgen, es kann zudem nur der erste Schritt einer Reform des CO2-Zertifikate-Handels sein", so Müller weiter. Den Beschlüssen zufolge würde der Kommission die Möglichkeit eingeräumt, einmalig in den Jahren 2013 bis 2015 insgesamt 900 Millionen Zertifikate zurückzuhalten und erst im Zeitraum 2019 bis 2020 in den Markt zu führen. "Es ist positiv, dass auch der Umweltausschuss dafür plädiert hat, dass ein solcher Eingriff lediglich einmalig erfolgen und die Kommission somit keinen generellen Freibrief für weitere Eingriffe in den CO2-Markt erhalten soll", so Müller.

Auch VKU will zusätzliche Langfrist-Massnahmen

Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) begrüßt das positive Votum des Umweltausschusses zur Änderung der Emissionshandelsrichtlinie ausdrücklich und fordert weitergehende Maßnahmen. Das derzeitige Preisniveau der Emissionshandelszertifikate biete keinerlei Anreize für Investitionen in neue und emissionsarme Technologien, so Hans-Joachim Reck, VKU-Hauptgeschäftsführer. Das Abstimmungsergebnis stelle einen ersten Schritt zu einem nachhaltig stabilen und effizienzsteigerndem Preisniveau dar. Reck erklärte weiter: "Das Votum ermöglicht den kurzfristig notwendigen Eingriff in das Emissionshandelssystem, ohne die Eingriffsmöglichkeiten ausufern zu lassen. Damit ist sichergestellt, dass der Eingriff konkret, präzise und vor allem eng gefasst sein muss." Aus VKU-Sicht sollte der kurzfristige Eingriff allerdings durch langfristige Maßnahmen ergänzt werden. "Um ein Preisniveau langfristig zu sichern, dass Anreize für Investitionen setzt, sollte das Emissionsziel für 2020 überprüft werden und mit einer Löschung von Zertifikaten kombiniert werden",so Reck. Die jetzt zur Entscheidung anstehende zeitliche Verschiebung der Auktion von Emissionszertifikaten allein hat keine langfristigen und vor allem nachhaltigen Auswirkungen.

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