Forscher wollen mit Lenkdrachen Energie erzeugen
Stuttgart - Forscher wollen mit Lenkdrachen den Wind einfangen und die gewonnene Bewegungsenergie in Bodennähe in Strom umwandeln. Die Flugbewegung des Drachen kann verwendet werden, um einen Generator anzutreiben, der die gewonnene kinetische Energie in elektrische Energie umwandelt. Diese Idee hatten die Gründer der Berliner NTS Energie- und Transportsysteme GmbH. Für die Realisierung des Vorhabens holten sie das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart mit ins Boot. Mit der neuen Methode wollen die Projektpartner die starken Winde in bis zu 500 Metern Höhe nutzen.
Kites in 300 bis 500 Metern Höhe ziehen Wägen
"Die Kites fliegen in Höhen von 300 bis 500 Metern, wo sie den Wind einfangen sollen. Über etwa 700 Meter lange Seile sind sie mit Wägen verbunden, die sie über einen Schienenrundkurs ziehen. Aus der entstehenden Bewegungsenergie erzeugt ein Generator Strom. Die Steuerungs- und Messtechnik befindet sich auf den Wägen", erläutert Joachim Montnacher, Diplom-Ingenieur am IPA, die Funktionsweise der "Kite-Kraftwerke". Gegenüber konventioneller Windparktechnik mit Rotoren bieten diese eine Reihe von Vorteilen: Die Windgeschwindigkeit steigt mit zunehmender Höhe rapide an. In Bodennähe tendiert sie gegen Null. In 100 Metern Höhe liegt sie bei rund 15 Meter pro Sekunde, in 500 Metern beträgt sie schon über 20 Meter pro Sekunde. "Die Energieausbeute eines Kites ist deutlich größer als die eines Windrads, dessen Blattspitzen sich derzeit in Höhen bis ca. 200 Metern drehen. Verdoppelt sich die Windgeschwindigkeit, verachtfacht sich der Energiegehalt", sagt Montnacher. "Acht Kites mit einer Größe von bis zu 300 Quadratmetern entsprechen – je nach Windgebiet – rechnerisch 20 konventionellen 1-Megawatt-Windkraftanlagen."
Konstanter Wind und geringe Materialkosten
Anders als Windräder haben Kites nicht mit der Konstanz des Windes zu kämpfen. Denn mit zunehmender Höhe steigt auch dessen Verfügbarkeit. Eine Windgeschwindigkeit von 5 Metern pro Sekunde ist in 10 Metern Höhe nur zu ungefähr 35 Prozent und in 500 Metern Höhe schon zu 70 Prozent des Jahres zu messen. Somit kommen neue Standorte im Flachland für die Stromerzeugung durch Wind infrage. Ein weiterer Vorteil sind nach Angaben der Forscher die Materialkosten. Diese sind für den Bau einer solchen Anlage deutlich geringer. Es wird insbesondere kein hunderte von Tonnen schwerer Turm benötigt. Die Aufgaben der Projektpartner sind klar definiert: Für das Design der Kites und den Bau der Höhenwindanlage ist die NTS GmbH verantwortlich, die Forscher vom IPA entwickeln die Steuerungs- und Messtechnik, dazu gehören die Seilausgabe- und -einzugsvorrichtung sowie der Seilspeicher. Auf einem Testgelände in Mecklenburg-Vorpommern konnten die Forscher vom IPA und die NTS GmbH bereits einen Kite auf einer 400 Meter langen geraden Strecke auf Jungfernflug schicken – gesteuert wurde er ähnlich wie ein Modellsegelflugzeug manuell per Fernbedienung. Im nächsten Schritt wollen die Experten die Teststrecke zu einem Rundkurs ausbauen. Computer sollen die Kites dann vollautomatisch steuern. Erste Investoren seien bereits gewonnen, teilte das Fraunhofer-Institut IPA mit.
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