01.12.2021, 13:35 Uhr

HTW-Studie warnt vor Verfehlen von 1,5 Grad-Pfad - Solar und Wind-Ziele der Ampel-Koalition reichen nicht


© Adobe Stock / Fotolia

Berlin - Die Ampel Koalition betont in ihrem Koalitionsvertrag, dass die Einhaltung der Klimaschutzziele von Paris oberste Priorität hat. Nach einer HTW-Studie reichen die von der Ampel vorgesehenen Maßnahmen aber nicht aus, um das Pariser Klimaschutzziel zu erreichen.

Will Deutschland das Pariser Klimaschutzabkommen einhalten, muss der Solarstromausbau bis 2035 auf 590.000 Megawatt (MW, 590 Gigawatt) verzehnfacht werden. Das ist ein Ergebnis einer Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin). Die Autoren empfehlen, den Photovoltaikzubau in den nächsten sechs Jahren auf mindestens 45.000 MW (GW) pro Jahr zu steigern. Die Pläne der neuen Bundesregierung sehen jedoch nur einen jährlichen Zubau von durchschnittlich 16.000 MW (16 GW) vor.

HTW-Forscher: PV-Ausbau muss auf 59.000 MW jährlich gesteigert werden

Die neue Bundesregierung möchte Deutschland auf den 1,5-Grad-Pfad bringen. Mit dem Koalitionsvertrag versäumt sie es aber, sich auf den dafür notwendigen Ausbau der Windkraft und Solarenergie festzulegen. Das Ziel, die installierte Photovoltaikleistung bis 2030 auf 200 Gigawatt zu erhöhen, ist ein guter Anfang, reiche aber nicht aus. Um überhaupt auf den Pfad des Pariser Klimaschutzziels zu kommen, ist mindestens die doppelte Photovoltaikleistung erforderlich. Zu dieser Einschätzung kommen die HTW Wissenschaftler auf der Grundlage ihrer Analysen im Rahmen der Studie „Solarstromausbau für den Klimaschutz“.

Zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens sei Deutschland bis spätestens 2035 auf eine CO2-neutrale Energieversorgung angewiesen. Hierzu müsse die installierte Photovoltaikleistung von derzeit 59.000 MW auf mindestens 590.000 MW verzehnfacht werden. Dies erfordere einen schnellen Markthochlauf auf etwa 45.000 MW pro Jahr bis 2027. Der erforderliche Solarstromzubau sei dabei von zahlreichen Rahmenbedingungen abhängig, wie die Forschungsgruppe Solarspeichersysteme der HTW Berlin anhand von unterschiedlichen Szenarien aufzeigt.

Weitere Maßnahmen: starker Windenergieausbau und Hochlauf der H2-Wirtschaft

Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen aus Sicht der Autoren und Autorinnen zudem, dass an einem starken Windkraftausbau mit 200.000 MW (200 GW) an Land und 70.000 MW (70 GW) auf See kein Weg vorbeiführt. Zudem ist ein Ausbau der grünen Wasserstoffwirtschaft erforderlich. Dessen Bedarf sei umso höher, je länger Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor fahren und Gebäude konventionell beheizt würden. Aus Effizienzgründen ist folglich eine rasche und konsequente Elektrifizierung des Verkehr- und Wärmesektors unumgänglich, so die Wissenschaftler. Sie rechnen mit 31 Millionen Elektroautos und 12 Millionen Wärmepumpen im Jahr 2035. Voraussetzung hierfür: Ab 2025 dürften keine neuen Benzin- und Dieselautos sowie Öl- und Gasheizungen mehr verkauft werden.

EE-Ausbauoffensive erfordert gleichzeitig Qualifizierungsoffensive von Fachkräften

Neben dem bereits geplanten Abbau bürokratischer Hürden müsse die neue Bundesregierung zudem einen starken Fokus auf die Qualifizierung von Fachkräften legen. „Allein in der Photovoltaikbranche erwarten wir mehr als 250.000 Arbeitsplätze. Um einem massiven Fachkräftemangel vorzubeugen, muss die Regierung umgehend eine breit angelegte Ausbildungsoffensive starten“, resümiert Prof. Dr. Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin und Mitautor der Studie.

Quelle: IWR Online

© IWR, 2021