25.11.2021, 17:05 Uhr

Stimmen zum Koalitionsvertrag von Energie- und Wirtschaftsverbänden


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Münster, Berlin - Ohne lautes Getöse und öffentlich ausgetragene Kontroversen ist es den Ampelparteien in den letzten Wochen gelungen, den Koalitionsvertrag auszuhandeln und vorzustellen. Klimaschutz und der Ausbau erneuerbarer Energien haben dabei eine wichtige Rolle.

Der am gestrigen Mittwoch (24.11.2021) vorgelegte Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gibt die Leitlinien der nächsten Legislaturperiode vor. Ein zentrales Thema ist dabei die Erreichung der Klimaschutzziele. Die von den Koalitionären vorgestellten Eckpunkte werden von Energie- und Wirtschaftsverbänden in weiten Teilen begrüßt. Nachfolgend einige Stimmen.

BDEW: Grund zu Optimismus für mehr Tempo bei der Energiewende

Für den Bundesverband der Energie- und Wasserswirtschaft (BDEW) hat die zukünftige Regierungskoalition die Dringlichkeit beim Thema Klimaschutz erkannt und in ihrem Koalitionsvertrag den Weg für die notwendige Transformation geebnet. Der Koalitionsvertrag enthalte viel Substanz, so könne beispielsweise schon das geplante Klimaschutz-Sofortprogramm wichtige Knoten lösen. „Wichtig ist, dass die neue Bundesregierung schnell ins Handeln kommt und die selbst gesteckten zeitlichen Ziele einhält. Die Schnelligkeit bei der Umsetzung und die konkrete Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen werden darüber entscheiden, wie erfolgreich sie am Ende sein werden“, so die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung Kerstin Andreae. Der neue Ressortzuschnitt spiegele die sinnvolle Weiterentwicklung beim Klimaschutz: Klimaschutzpolitik ist Wirtschaftspolitik. Beides müsse zusammen gedacht werden, so Andreae im Hinblick auf Bündelung der Segmente Wirtschaft und Klima in einem Ministerium.

BEE: Die Energiewende ist zurück

Auch der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) begrüßt die Vereinbarungen des Koalitionsvertrags. „Klimaschutz zieht sich als Querschnittsthema durch alle Bereiche und die Energiewende ist als maßgeblicher Klimaschutz- und Konjunkturmotor in allen Sektoren erkannt, das gilt es nun zügig in dem angekündigten Klimaschutz-Sofortprogramm mit allen notwendigen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen umzusetzen“, so BEE-Präsidentin Dr. Simone Peter. „Klimaneutralität soll ‚unter konsequenter Nutzung der eigenen Potenziale Erneuerbarer Energien‘ erreicht und der Erneuerbaren-Ausbau zu einer neuen Mission unter Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger gemacht werden. Das kommt einem Neustart in der Energiepolitik gleich“, so Peter weiter.

BWE: Koalitionsvertrag durch schnelle Gesetzesarbeit unterlegen

„Mit dem Koalitionsvertrag liegt das Programm für die kommenden vier Jahre auf dem Tisch. Jetzt gilt es, durch klare gesetzliche Regelungen den Ausbau der Windenergie zügig voranzubringen. Vieles muss bis zur parlamentarischen Sommerpause umgesetzt sein, um schnell Wirkung zu entfalten. Sichere Flächen und schnelle Genehmigungen sind für die Windenergie an Land prioritär“, betont BWE-Präsident Hermann Albers.

WAB: Koalitionsvertrag ist ein wichtiges Signal für die Offshore-Windindustrie

Aus Sicht der WAB stellt die Einigung auf mindestens 30 GW Windkraft auf See bis 2030, 40 GW bis 2035 und 70 GW bis 2045 ein wichtiges Signal für die Offshore-Wind-Lieferkette und für die Realisierbarkeit einer "grünen" Wasserstoffwirtschaft dar. „Dafür ist es wichtig, umgehend zusätzliche Ausschreibungen auf den Weg zu bringen“, so WAB-Geschäftsführerin Heike Winkler.

Es sei zudem gut, dass die geplante Bundesregierung ihr Ziel von 80 Prozent Erneuerbaren bis 2030 mit der Prognose eines höheren Strombedarfs verknüpfe. „Sie sollte dabei davon ausgehen, dass der Bedarf durch die Industrie in Verbindung mit "grünem" Wasserstoff weiter steigen wird“, so Winkler weiter.

BSW: Entfesselung der Solarenergie kann beginnen

Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) sieht im Koalitionsvertrag eine gute Grundlage, um mit der Solarenergie die Klimaziele zu erreichen und das Signal für die dringend nötige Entfesselung der Solarenergie. „Wir hoffen, dass zahlreiche Marktbarrieren jetzt tatsächlich schnell beseitigt und rasch attraktive Investitionsbedingungen für Photovoltaik, Solarthermie und Speichertechnologien geschaffen werden. Die Investitionsbereitschaft in der Bevölkerung und bei Unternehmern ist da und die Solarwirtschaft steht in den Startlöchern“, so BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig. Der BSW unterstreicht zudem die Notwendigkeit eines Sofortprogramms zur gewünschten Beschleunigung des Solar-Ausbaus. Eile sei dringend geboten, um die Versäumnisse und politischen Fehlentscheidungen der vergangenen Legislaturperiode zu korrigieren und zunehmend negativ wirkende Marktbremsen zu lösen.

BDI: Angekündigtes Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen muss Realität werden

Der Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI) findet, dass die Bedeutung der Industrie und ihrer Innovationskraft an vielen und zentralen Stellen sehr deutlich und positiv im Vertrag steht. „Darauf lässt sich aufbauen“, so BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Er kritisiert aber, dass die neue Koalition zwar richtige Aufgabenstellungen benenne, aber nur wenige konkrete Lösungsvorschläge liefere und der Koalitionsvertrag viele vage Absichtserklärungen biete. Den Löwenanteil der Arbeit sieht Russwurm daher noch zu tun. In der Energie- und Klimapolitik mache Hoffnung, dass die Koalition für wirksamen Carbon-Leakage-Schutz und wettbewerbsfähige Preise sorgen will. Gut sei, die EEG-Umlage bereits Anfang 2023 komplett in den Bundeshaushalt zu übernehmen“, so Russwurm weiter.

Deutsche Umwelthilfe sieht deutliche Fortschritte aber auch dramatische Fehltritte

Für die Deutsche Umwelthilfe (DUH) enthält der Koalitionsvertrag mit dem Kohleausstieg sowie dem Ausbau Erneuerbarer Energien positive Klimaschutz-Entscheidungen im Energiesektor, wobei Erdgas nur noch eine Übergangsrolle spielen dürfe, so die DUH. Gute Ansätze sieht die DUH darüber hinaus im Gebäudesektor, kritisiert aber zu vage Formulierungen, die einer dringende Klarstellung bedürften, um auf den Paris-Pfad zu kommen.

„Der Verkehrsteil verstößt klar gegen den von uns mit erwirkten Klimaschutz-Grundsatzentscheid des Bundesverfassungsgerichts. Daher werden wir über unsere bereits anhängige Klimaklage vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Ampel-Regierung zu kurzfristig wirksamen Maßnahmen wie einem Tempolimit auf Autobahnen, Tempo 80 außerorts und Tempo 30 in der Stadt zwingen“, kritisiert DUH Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch Eckpunkte im Verkehrssektor. Damit könnten bis zu acht Millionen Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden, so Resch weiter.

Quelle: IWR Online

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