31.07.2014, 10:15 Uhr

Japanische Atomlobby zahlte über Jahre an Premierminister

Münster - Ein ehemaliger Vizepräsident des japanischen Atomkonzerns Kansai Electric Power Co. (Kepco) hat jetzt geheime Zahlungen an japanische Spitzenpolitiker zugegeben. Das Geld floss auch direkt an den jeweiligen japanischen Premierminister, und das über Jahre.

Das berichtet The Asahi Shimbun, die zweitgrößte japanische Zeitung in einem Interview mit Chimori Naito, ehemaliger Vizepräsident von Kepco. Naito wollte nach dem Reaktorunfall von Fukushima und dem "dilettantischen Handling" von Tepco reinen Tisch machen und berichtete dem Reporter von The Asahi Shimbun die Praktiken in der japanischen Politik, von denen bisher nichts an die Öffentlichkeit gedrungen ist.

Geld wurde bei Treffen in cash übergeben

Nach Angaben des heute 91-jährigen Naito haben sieben verschiedene Premierminister Zahlungen in Höhe von jährlich 20 Millionen Yen (etwa 145.000 Euro) vom ehemaligen Kepco-Präsidenten Yoshishige Ashihara erhalten. Die Zahlungen hätten in der Zeit von 1972 bis etwa 1990 stattgefunden und wären im Sommer sowie in der Jahresschlussphase bei den Treffen, zu denen Naito seinen Chef Ashihara begleitete, direkt in cash übergeben worden. Zudem seien weitere Politiker mit derartigen Zahlungen beglückt worden. Kepco habe mehrere Hunderte von Millionen Yen pro Jahr für diese Zwecke ausgegeben. Naito erklärte, dass ohne diese Zahlungen bei Kepco nichts gelaufen wäre.

Atomdorf: die Verstrickungen zwischen Atomlobby und Politik in Japan

Die Verstrickungen zwischen der Energiebranche und der Politik in Japan sind weitreichend. Im März 2012 hatte das ZDF ein Jahr nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima in einer Sendung mit dem Titel "Die Fukushima-Lüge" die Hintergründe des Atomunfalls dokumentiert. Darin wird u.a. aufgezeigt, dass der Betreiber des Unglücks-Reaktors Tepco bereits früher auch schwerste Zwischenfälle offensichtlich immer wieder vertuscht hatte. Zudem berichtete ein japanischer Atomingenieur des Atomkraftwerks Fukushima von einer großen, einflussreichen und mächtigen Gruppe mit dem Namen "Atomdorf". Die Gruppe, bestehend aus Tepco, der Regierung und Wissenschaftlern, trifft demnach alle wichtigen Entscheidungen. In den letzten zehn, 20 Jahren habe es zudem vielerlei Unterdrückungen von Äußerungen in Bezug auf die Gefahren der Kernenergie gegeben, erklärte der ehemalige Premier Naoto Kan gegenüber dem ZDF. Wissenschaftler hätten keine Karrierechancen, wenn sie sagen, dass Gefahren im Zusammenhang mit der Kernenergienutzung bestehen können und Politiker erhalten großzügige finanzielle Unterstützungen von den Energieunternehmen, wenn man der Kernenergie zustimmt, hatte Kan erklärt.

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