Leuchtturm-Projekt: Können Elektroautos als fahrende Stromspeicher für Deutschland fungieren?
Berlin / Hamburg – Die Idee, die Stromspeicher-Kapazitäten von Elektroautos über intelligente Steuerung zur Stabilisierung der Stromnetze in einem auf erneuerbare Energien gebauten Versorgungssystem zu nutzen, ist nicht neu. Doch der Paxistest ist bislang ausgeblieben. Das soll sich nun ändern.
Für das Forschungsprojekt Inees ("Intelligente Netzanbindung von Elektrofahrzeugen zur Einbringung von Systemdienstleistungen") sind 20 Volkswagen-Fahrzeuge des Typs e-up! in einen einjährigen Flottenversuch gestartet. Diese Fahrzeuge können sowohl Strom laden, als auch mittels intelligenter Ladetechnik und Software Energie zurück in das Stromnetz liefern.
E-Autos bilden gemeinsam Batterie mit signifikanter Größe
Zukünftig sollen so Elektrofahrzeuge gemeinsam einen verbrauchsnahen Stromspeicher in nennenswerter Größe bilden. Dieser kann die schwankende Produktion von Wind- und Sonnenenergie ausgleichen und dadurch das Stromnetz stabilisieren. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit gefördert. Für die Bundesregierung handelt es sich um einen "Leuchtturm der Elektromobilität".
App steuert, ob Autobatterie be- oder entladen wird
Im Rahmen des Forschungsprojektes Inees wurden kürzlich in Berlin 20 Volkswagen e-up! an Testkunden übergeben. Sie testen in den kommenden sechs Monaten intelligentes Laden mit sogenanntem Schwarmstrom. Dieser von dem Ökostrom-Versorger Lichtblick kreierte Begriff soll Strom kennzeichnen, der dann erzeugt bzw. verfügbar gemacht wird, wenn er gebraucht wird. Schwarmstrom soll demnach in einem dezentralen, hoch anpassungsfähigen Netzwerk entstehen, das ein virtuelles Kraftwerk bildet. In einer von Volkswagen für das Projekt entwickelten App kann der Nutzer im Rahmen des Inees-Projektes seine Fahrten planen und festlegen, welchen Anteil seiner Fahrzeugbatterie er für den Energiemarkt freigeben möchte. Für die freigegebene Batteriekapazität erhält der Nutzer eine Schwarmstrom-Prämie.
Elektrofahrzeuge werden virtuelle Großbatterie
Die IT-Plattform, die das virtuelle Kraftwerk koordiniert, wird vom Projektpartner Lichtblick zur Verfügung gestellt. Sie bildet die zentrale Schnittstelle zwischen Stromnetz und Fahrzeug-Pool. So werden die Batterien der Elektrofahrzeuge zu einer virtuellen Großbatterie zusammengefasst und intelligent in den Strommarkt eingebunden. Damit bewerkstelligt die Software die Vermarktung der gepoolten Leistung als sogenannte "Sekundärregelenergie" zur Stabilisierung des Stromnetzes. Die Mobilität des Kunden hat dabei Vorrang: Die von Volkswagen im Rahmen des Projekts entwickelte Intelligenz im Fahrzeug sorgt dafür, dass in der Hochvoltbatterie immer mindestens die vom Nutzer gewünschte Energie vorrätig ist.
SMA liefert Wallbox zum Stromaustausch – Iwes wertet Daten aus
Der Projektpartner SMA Solar Technology AG hat hierzu die Sunny Wallbox entwickelt, eine bidirektionale Ladestation für den Heimbereich. Bei den Testkunden installiert, bindet sie die Fahrzeuge über die CCS-Ladeschnittstelle mit einer Leistung von 10 Kilowatt (kW) an das Stromnetz an. Sprich: Damit können die für den Flottenversuch entsprechend ertüchtigten e-up! Strom laden und auch ins Netz zurückspeisen. Das Fraunhofer Institut Iwes begleitet den Flottenversuch durch ausgewählte Messreihen und Simulationsrechnungen. Damit werfen die Projektpartner einen Blick in die Zukunft, wenn tausende Fahrzeuge im Schwarm zusammenwirken. Nach Ablauf von sechs Monaten sollen die Fahrzeuge an eine zweite Gruppe Testkunden übergeben werden, um die Untersuchungen statistisch weiter zu untermauern.
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