Novelle des Windenergie-auf-See-Gesetzes: Verbände sehen Luft nach oben
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Münster - Neben der Novelle des Erneuerbaren Energie Gesetzes (EEG) bereitet die Bundesregierung auch die Novellierung des Windenergie-auf-See-Gesetzes (WindSeeG) vor. Das Gesetz soll die Rahmenbedingungen für den Ausbau der Offshore-Windenergie in Deutschland so gestalten, dass die Ziele erreicht werden können.
Der Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore (BWO) sieht den Entwurf der Novelle des WindSeeG in vielen Punkten auf dem richtigen Weg. Auch die Industrievertretung WAB e.V. begrüßt die im ersten Entwurf der WindSeeG-Novelle vorgesehenen Offshore-Wind-Ausbauziele. Demnach könnte die Offshore-Windenergie-Kapazität bis 2035 mit mehr als 40 Gigawatt (GW) zur vollständigen Umstellung der Stromversorgung bis 2035 auf erneuerbare Energien beitragen. Kritik üben die Verbände vor allem an den geplanten Ausschreibungsmodellen.
BWO: Alle großen Strippen wurden gezogen
„Der Wille zur Beschleunigung des Offshore-Ausbaus zieht sich klar durch den gesamten Gesetzesentwurf“, kommentiert BWO-Geschäftsführer Stefan Thimm den aktuellen Entwurf des WindSeeG. Alle großen Strippen seien gezogen worden: Die gesetzliche Verankerung der neuen Ausbauziele, der Vorrang der Offshore-Windenergie bei der maritimen Raumplanung zur Absicherung der langfristigen Ausbauziele, eine Verkürzung der Prüfverfahren, die kurzfristige Ausschreibung zusätzlicher Flächen und eine Neuordnung von Zuständigkeiten in Behörden und Ministerien.
Kritisch bewertet der der BWO allerdings nach wie vor das Auktionsdesign. „Im Hinblick auf die Zielerreichung sehen der BWO insbesondere beim Segment der nicht zentral voruntersuchten Flächen große Risiken, so Thimm weiter. Die vorgeschlagenen Kriterien eignen sich aus Sicht der Betreiber kaum bis gar nicht zur Differenzierung der Gebote. De Facto würde also am Ende allein die Zahlungsbereitschaft der Bieter darüber entscheiden, wer den Zuschlag bekomme. „Besser wäre ein Kriterium, das auf die Systemdienlichkeit der Projekte abzielt“, so Thimm. Hier käme aus BWO-Sicht beispielsweise die Bereitstellung von Speicher- oder Elektrolysekapazität nahe eines Netzknotenpunktes in Frage.
Die schon in der vergangenen Legislaturperiode diskutierte Gebotskomponente erhöhe die Kapitalkosten für die Finanzierung von Offshore-Windparks und treibe somit den Strompreis für Erneuerbare Energien unnötig nach oben. „Nicht zuletzt angesichts der aktuellen politischen Lage, sollte eine weitere Erhöhung der Energiekosten für Industrie und Haushalte unbedingt vermieden werden“, so Thimm. Auch im Hinblick auf die zentral voruntersuchten Flächen bestehe noch Handlungsbedarf: „Die Einführung von CfD war überfällig. Aber auch in diesem Segment ergeben sich einige unproduktive Risiken, die so nicht zu bewirtschaften sind“, so Thimm weiter.
WAB fordert qualitative Ausschreibungskriterien
Auch die WAB kritisiert am Gesetzentwurf das Ausschreibungsdesign. Der kostensenkende Charakter der vorgesehenen Auktionsmodelle stelle für eine nachhaltige Entwicklung der Zulieferindustrie eine große Herausforderung dar, da er nicht wie in anderen Ländern wie in Großbritannien, Polen oder Frankreich von einem „Sector Deal“, einer Industrieplanung, oder sonstigen nationalen Wertschöpfungsvorgaben („Local Content“) flankiert werde, so die WAB.
„Um eine nachhaltige Entwicklung der Zulieferindustrie bei einem hohen Kostensenkungsdruck zu ermöglichen, sind faire internationale Wettbewerbsbedingungen erforderlich. Wir machen bereits sehr lange darauf aufmerksam, dass es den Dialog braucht, um Ungleichheiten zu beseitigen“, so WAB-Geschäftsführerin Heike Winkler.
Um die Schieflage auszugleichen, eignen sich neben der langfristigen Planbarkeit qualitative Ausschreibungskriterien, die neben dem Preis bei der Vergabe von Flächen in Nord- und Ostsee eine Rolle spielen. Nur so lassen sich auch weiterhin ein kosteneffizienter Ausbau und die Erreichung der Ziele bis 2030 und darüber hinaus sichern, so die WAB. „Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung der Zulieferindustrie verstehen wir qualitative Kriterien als Nachhaltigkeitskriterien, die dem ‚Race to the bottom‘-Effekt entgegenwirken können“, so Winkler weiter.
Quelle: IWR Online
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