03.09.2014, 16:42 Uhr

Reservekraftwerke: Erster Vertrag zwischen EnBW und TransnetBW verzögert sich

Karlsruhe / Bonn – Der Energieversorger EnBW und der Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW verhandeln derzeit über einen Kostenausgleich für ein Reservekraftwerk. Es handelt sich um den ersten Vertrag seiner Art und dieser könnte beispielhaft für weitere Abkommen sein. Daher gehen die Beteiligten besonders sorgfältig vor.

Im konkreten Fall geht es um das Steinkohle-Kraftwerk am EnBW-Standort Walheim. Der Versorger hatte im Juli 2013 angekündigt, diese Erzeugungskapazitäten außer Betrieb nehmen zu wollen. Doch der Netzbetreiber und die Bundesnetzagentur stuften das Kraftwerk als systemrelevant ein. Somit soll es dem Übertragungsnetzbetreiber im Fall der Fälle zur Verfügung stehen. Über den Kostenausgleich verhandeln derzeit die Beteiligten.

Reservekraftwerke sollen kritische Situationen im Übertragungsnetz abfangen

Reservekraftwerke sind in der Regel konventionelle Kraftwerke, welche die Energieversorgungsunternehmen z.B. aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr betreiben wollen, die von der Bundesnetzagentur aber dennoch als systemrelevant eingestuft werden. Das Vorhalten von Kraftwerksleistung dient laut Bundesnetzagentur zur Behebung von kritischen Situationen im Übertragungsnetz, die durch eine erhöhte Einspeisung aus erneuerbaren Energien und dem Abschalten von konventionellen Kraftwerken entstehen würden. Die sogenannten Reservekraftwerke sollen in extremen Netzsituationen zur Verfügung stehen. Sie sind eine zusätzliche Absicherung, wenn das Ausgleichspotenzial (sog. Redispatch) sämtlicher am Markt befindlicher Kraftwerke ausgeschöpft ist. Dies kann vor allem im Winter bei erhöhtem Stromverbrauch vorkommen. Zudem ist vor allem südlich der Main-Linie in Deutschland ein erhöhter Bedarf von Kraftwerkskapazitäten ermittelt worden. Im Ernstfall kann der Übertragungsnetzbetreiber auf die Reservekraftwerke zugreifen und das Netz stabilisieren.

Deutschlandweit erster Vertrag

Der Abschluss des deutschlandweit ersten Vertrags nach der ResKV für die Bereithaltung von Reservekraftwerken dauert länger als erwartet. Wie die Bundesnetzagentur gegenüber IWR Online erklärte, liege der Ball zurzeit bei EnBW und Transnet. EnBW und Transnet müssten noch über die Höhe einer angemessenen Vergütung beraten. Der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ist für die Erstattung der Betriebskosten ohne Bedeutung, betonte ein Sprecher von EnBW. Maßgeblich sei allein der Zeitpunkt des Bescheids für die Übernahme eines Kraftwerks in die Reserve. Die Bundesnetzagentur muss dem Vertrag schließlich noch zustimmen.

EnBW befürchtet wirtschaftliche Nachteile

Doch EnBW ist mit der Vorgehensweise nicht ganz einverstanden: Im Januar 2014 hatte der Versorger gegen den Bescheid über die Systemrelevanz der Kraftwerke und damit gegen das Abschaltverbot Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt, um, wie es heißt, die "Rechtsposition zu wahren". Dessen ungeachtet wollte EnBW aber die "konstruktiven Gespräche" mit der Netzagentur zur Überführung von Anlagen in das Reservekraftwerksregime selbstverständlich weiterführen. EnBW stellte dabei insbesondere auch nicht die vom Übertragungsnetzbetreiber und der Bundesnetzagentur festgestellte Systemrelevanz ihrer Kraftwerke zur Gewährleistung der allgemeinen Versorgungssicherheit in Frage. Vielmehr ging es dem Kraftwerksbetreiber darum, zu vermeiden, dass durch die im Bescheid angeordneten Maßnahmen wirtschaftliche Nachteile für EnBW entstehen.

Gesamtleistung der Reservekapazitäten in Deutschland

Die vorgehaltene Kapazität der Reservekraftwerke wird nach Angaben der Bundesnetzagentur in den kommenden Jahren weiter steigen. Die Gesamtleistung der Reservekapazitäten lag im Winter 2013/2014 bei 2.540 Megawatt (MW). Für den kommenden Winter 2014/2015 werden Kapazitäten in Höhe von 3.091 MW, für 2015/2016 6.000 MW und für 2016/2017 7.000 MW nach den Berechnungen der Bundesnetzagentur benötigt.

Weitere Nachrichten und Infos zum Thema:

RWE prüft weitere Abschaltung von Kraftwerken

IWR-Direktor Norbert Allnoch: mehr Flexibilität statt Kapazität im Strommarkt


© IWR, 2014