Streitthema Verkehrswende in EU und Deutschland
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Brüssel/Berlin – Deutschland ist Autoland. Bei den Vorstellungen der verschiedenen politischen Lager zum Thema Verkehr werden die unterschiedlichen Meinungen deutlich, auch innerhalb der Parteien. Anlass sind die Vorschläge der EU-Kommission zu den CO2-Emissionen im Verkehr sowie die aktuellen Jamaika-Sondierungsgespräche.
In dieser Woche hat die EU-Kommission ihre Vorstellungen zur weiteren Reduktion der CO2-Emissionen im Straßenverkehr vorgelegt. Die Bewertung dieser Vorschläge und die Vorstellungen über eine Verkehrswende in Deutschland zeigen die Differenzen zwischen den potenziellen Jamaika-Koalitionären. Hinzu kommt, dass die derzeit noch in Regierungsverantwortung stehende SPD ebenfalls auffällig uneinig aufgetreten ist.
EU-Kommission legt Plan für weitere CO2-Minderungen vor
Die EU-Kommission will, dass die Fahrzeugflotten der Hersteller die CO2-Emissionen im Schnitt weiter senken. Bislang gilt, dass die Fahrzeuge eines Herstellers im Durchschnitt bis 2021 höchstens auf 95 Gramm CO2-Ausstoß pro Kilometer kommen dürfen. Die neu vorgeschlagenen Zielvorschlägen für die Zukunft sehen eine weitere Reduktion bis zum Jahr 2025 um 15 Prozent und bis zum Jahr 2030 um 30 Prozent gegenüber dem Zielwert von 2021 vor. Aufgrund verschiedener Faktoren werden bereits die Ziele für 2021 kritisiert. Es geht darum, dass die Messung der CO2-Emissionen auch in Zukunft über - wenn auch angepasste - Laborwerte erfolgt. Zudem stehen werden die Ausnahme-Regelungen für Hersteller, die den Verkauf von Elektroautos vorantreiben, bemängelt.
Grüne enttäuscht über EU-Pläne und kompromissbereit bei Verkehrswende
Die möglichen Koalitionäre für eine neue Bundesregierung von der Union, der FDP und den Grünen bewerten diese EU-Pläne und den Umgang mit der Autoindistrie unterschiedlich. Für den Grünen-Verkehrsexperten Anton Hofreiter ist es ein „dünner Vorschlag“ der EU-Kommission, der die derzeit laufende Weltklimakonferenz brüskiere. Die Grünen hatte vor der Wahl ein Verbot für die Zulassung von Autos mit Verbrennungsmotor ab 2030 gefordert. Dieses Enddatum, das unter anderem auch innerhalb der Grünen für viel Diskussion gesorgt hatte (Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann nannte dieses Ausstiegsdatum einen „Schwachsinnstermin“), ist nun im Rahmen der Sondierungsgespräche ein wenig aufgeweicht worden. Parteichef Cem Özdemir hatte ein Entgegenkommen in dieser Frage angedeutet. CSU-Mann Alexander Dobrindt kommentierte, wenn man Schwachsinnstermine abräume, sei das ja noch kein Kompromiss. Die Verkehrsfrage bleibt ein kritisches Themenfeld bei den Jamaika-Gesprächen.
SPD-Ministerin uneins zu Vorgaben für die Autoindustrie
Auch innerhalb der SPD gab es Unstimmigkeiten in Bezug auf die neuen Zielvorschläge der EU-kommission. Das wurde bei den Aussagen von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) deutlich. Ausgangspunkt war ein Brief des Bundesaußenministers Sigmar Gabriel (ebenfalls SPD) an die EU Kommission, in dem Gabriel für die Interessen der deutschen Autoindustrie warb. Das Vorgehen Gabriels sei nicht abgestimmt gewesen, so Hendricks. Zudem sei es in der Sache falsch. Das unter der Aufsicht des Umweltministeriums stehende Umweltbundesamt (UBA) kritisiert die EU-Pläne als viel zu niedrig. Der europäische Automobil-Herstellerverband ACEA hingegen spricht von immensen Herausforderungen und zu wenig Zeit, das gelte insbesondere für die Festlegung des Zwischenzielt für 2025.
Quelle: IWR Online
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