Weniger Bürokratie für Solar-, Bio- und Windenergie: 3. Novelle des Energiesicherungsgesetzes
© Adobe Stock / Fotolia
Berlin - Das Bundeskabinett hat gestern (14.09.2022) die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vorgelegte Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften beschlossen. Die Maßnahmen sollen schnell für Entlastung auf den angespannten Energiemärkten sorgen.
Ziel des jetzt beschlossenen Entwurfs für die dritte Novelle des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG 3.0) ist es, die Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien kurzfristig zu erhöhen und die Transportkapazitäten im Stromnetz zu steigern. Die Maßnahmen sollen zur Reduzierung des Gasverbrauchs im Winter 2022/2023 und im Winter 2023/2024 beitragen. Ferner wird die Einspeisung von verflüssigtem Gas im Winter 2022/2023 weiter abgesichert.
Kurzfristige Erhöhung der EE-Stromproduktion und weitere Maßnahmen zur Senkung des Gasverbrauchs
Mit den gestern (14.09.2022) im Rahmen der 3. Novelle des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG 3.0) vom Bundeskabinett beschlossenen Maßnahmen soll kurzfristig unbürokratisch die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien erhöht werden, um neben den bereits von der Bundesregierung beschlossenen Schritten noch mehr Gas zu sparen. Durch die Novelle ermöglicht der Bund die zusätzliche Einspeisung von Strom aus Windenergie- und Photovoltaikanlagen. Zudem werden Anreize für die Steigerung der Stromproduktion aus Biogas gegeben. Weiteres Ziel ist eine Beschleunigung des Netzausbaus, um die Netze kurzfristig höher auszulasten und so die Transportkapazität zu steigern. Außerdem werden die Hürden für einen Brennstoffwechsel gesenkt. Mit der Novelle des Energiesicherungsgesetzes werden zudem die Möglichkeiten zur Lastflexibilität industrieller Großverbraucher erschlossen.
Hinzu kommen Verfahrenserleichterungen für die Verbesserung der Nutzung von LNG-Anlagen, mit dem Ziel, eine möglichst große Gaseinspeisung an den Standorten Brunsbüttel, Wilhelmshaven und Lubmin in diesem Winter abzusichern.
„Alle Maßnahmen dienen dazu, unseren Gasverbrauch weiter zu senken und die Unabhängigkeit von Energieimporten aus Russland zu festigen. Zudem stärken wir damit das Stromsystem“, so Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck.
Nachfolgend ein Überblick über die wichtigsten Maßnahmen, die im EnSiG 3.0 in den Sektoren Photovoltaik, Bioenergie und Windenergie vorgesehen sind.
Kurzfristige Erhöhung der Solar-Stromproduktion
Im Bereich Photovoltaik wird für den 15. Januar 2023 eine sog. Krisensonderausschreibung für Solaranlagen des ersten Segments (u.a. Solarparks) mit einem Volumen von 1.500 MW eingeführt. Diese soll kurzfristige Ausbaupotentiale heben. Die Regelung steht unter Beihilfevorbehalt.
Die für den 1. Januar 2023 bereits beschlossene Abschaffung der sog. 70-Prozent-Regelung für PV-Neuanlagen bis einschließlich 25 kW Leistung wird zeitlich vorgezogen. Bisher waren Betreiber solcher PV-Anlagen verpflichtet, die Wirkleistungseinspeisung ihrer Anlage auf 70 Prozent zu begrenzen oder ihre Anlage mit einer Steuerungseinrichtung auszustatten. Zur weiteren Erhöhung der PV-Einspeisung wird die Abschaffung der Regelung für alle Neuanlagen vorgezogen, die nach dem 14. September 2022 in Betrieb genommen werden. Zusätzlich wird die 70-Prozent-Regelung ab dem 1. Januar 2023 bei PV-Bestandsanlagen mit einer installierten Leistung bis einschließlich 7 kW aufgehoben.
Des Weiteren hat das Kabinett mit Blick auf den Bürokratieabbau den Entwurf des Jahressteuergesetzes beschlossen. Dadurch werden zum 1. Januar 2023 alle PV-Anlagen mit einer Leistung bis 30 kW für Einfamilienhäuser und Gewerbeimmobilien sowie für Mehrfamilienhäuser bis 15 kW je Wohnung oder Geschäftseinheit, insgesamt jedoch nur bis max. 100 kW Leistung pro Steuerpflichtigen, von der Einkommensteuer befreit. Ergänzend wird die Mehrwertsteuer für die Lieferung und Installation von PV-Anlagen auf Wohngebäuden auf 0 Prozent gesenkt. Damit werden die Anschaffungskosten erheblich reduziert. Zudem können Betreiber aufgrund des Nullsteuersatzes ohne Nachteile von der bürokratiearmen umsatzsteuerlichen Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen.
Zusätzliche Anreize für die Stromproduktion aus Biogas
Für die Jahre 2022 und 2023 wird eine Sonderregelung für Biogasanlagen im EEG-Anwendungsbereich geschaffen, in dem befristet Restriktionen aufgehoben werden, die die Erzeugung von Biogas begrenzen könnten. Dadurch soll die Stromerzeugung aus Biogas gesteigert und Erdgas eingespart werden. Ab Inkrafttreten des EnSiG 3.0 erfolgt befristet bis zum 30. April 2023 zudem eine Flexibilisierung des Güllebonus. Ziel ist es, dass Betreiber von Biogasanlagen möglichst viel Strom aus Biogas produzieren ohne das Risiko einzugehen, den Güllebonus zu verlieren. Beide Maßnahmen stehen unter Beihilfevorbehalt.
Begleitend sollen Erleichterungen im Genehmigungsrecht geschaffen werden. Durch eine Vollzugshilfe der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz für bestehende und für eine flexibilisierte Energieerzeugung ausgelegte Biogasanlagen wird die Möglichkeit geschaffen, befristet ohne Genehmigung mehr Rohbiogas zu erzeugen. Diese Vollzugshilfe soll rechtzeitig vor Abschluss dieses Gesetzgebungsverfahrens im Deutschen Bundestag abgeschlossen werden.
Mehr Onshore-Windstrom durch weniger Einschränkungen des Anlagenbetriebs
Im Bereich Windenergie können Betreiber von Windenergieanlagen die Grenzwerte der TA-Lärm und die zum Schutz vor Schattenschlag befristet bis zum 15. April 2023 überschreiten. Der Wegfall der Lärm- und Schattenwurfabschaltungen soll es den Betreibern ermöglichen, mehr Strom zu erzeugen. Außerdem sollen Änderungen zur Leistungssteigerung (Softwareupdates, Typenänderung) schnell und unbürokratisch ermöglicht werden, indem der Prüfumfang beim Änderungsgenehmigungsverfahren klargestellt wird.
Quelle: IWR Online
© IWR, 2022