29.01.2014, 16:55 Uhr

Milliarden-Abschreibungen bei RWE: Das sind die wahren Gründe

Münster - In zahlreichen Medien wie Die Welt, Focus Online oder Dow Jones steht wegen der Energiewende in Deutschland offenbar der Untergang der Stromversorger kurz bevor. Jüngster Auslöser sind die Abschreibungen in Milliardenhöhe für 2013 bei dem Essener Stromkonzern RWE.

In einer Adhoc-Mitteilung hatte RWE berichtet, dass für konventionelle Kraftwerke, EE-Investitionen und Beteiligungen Wertberichtigungen für 2013 in Höhe von insgesamt 3,3 Mrd. Euro vorgenommen werden mussten. Dabei entfällt der Löwenanteil mit 2,9 Mrd. Euro auf das Segment „Konventionelle Stromerzeugung“.

Unterschlagung bei Welt & Co. - deutsche Kraftwerke von Abschreibung gar nicht betroffen

Für die meisten großen Medien ist der Fall klar. Die Welt titelt online: „Energiewende vernichtet Milliarden bei RWE“. Bei Focus online heißt es, dass die Folgen der Energiewende den Konzern erneut zu Milliarden-Abschreibungen zwingen und auch für Dow Jones muss RWE wegen Energiewende erneut Milliarden abschreiben. Schuld an dem RWE-Desaster ist also die Energiewende in Deutschland. Dem Leser wird in den Medien dabei suggeriert, dass die Abschreibungen wegen der deutschen Energiewende auf deutsche Kraftwerke vorgenommen werden müssen. Dumm nur: Tatsächlich ist bei den Abschreibungen kein einziges deutsches Kraftwerk betroffen. Wie RWE auf Anfrage von IWR Online bestätigte, handelt es sich bei den Wertberichtigungen nicht um deutsche Kraftwerke, sondern um Investitionen in Kraftwerks-Anlagen in den Benelux-Ländern und dem Vereinigten Königreich. Durch die Unterlassung dieser wichtigen Information in den Medien entsteht beim Leser ein völlig falscher Eindruck über die wahren Gründe für die Wertberichtigung bei RWE.

RWE-Abschreibungen: Keine Auswirkungen auf EBITDA-Prognose

Der Essener Versorger meldete einen zusätzlichen Wertberichtigungsbedarf in Höhe von ca. 3,3 Mrd. Euro für 2013, der im Wesentlichen dem Segment "Konventionelle Stromerzeugung" zuzuordnen ist. Dies wird auch das Nettoergebnis für 2013 mindern. Auf das EBITDA, das Betriebsergebnis und das nachhaltige Nettoergebnis, welches für die Bemessung der Dividende maßgeblich ist, hätten diese Wertberichtigungen jedoch keine Auswirkungen. Sie seien zudem nicht zahlungswirksam. Auch die Jahresprognose des Konzerns für 2014 bleibt bestehen.

Peter Terium, Vorstandsvorsitzender der RWE AG erklärte: "In ganz Europa stehen derzeit vor allem Erdgas- und Steinkohlekraftwerke unter einem hohen wirtschaftlichen Druck." Maßgeblich sind die sinkenden Großhandelspreise. Besonders betroffen sind Gaskraftwerke in den Niederlanden, die immer weniger Stunden an Netz sind. Der Wert dieser Kraftwerke ist unter anderem abhängig von den Ertragserwartungen, die wiederum auf den Großhandelspreisen beruhen. Diese musste RWE angesichts des langfristig niedrigen erwarteten Preisniveaus nun korrigieren.

Die Aktionäre haben am Dienstag relativ entspannt auf die Mitteilung von RWE reagiert. Das Wertpapier verbilligte sich um 0,9 Prozent. Auch das Urteil der Analysten hat sich nicht dramatisch verändert. So hat Goldman Sachs das Kursziel für RWE nach den angekündigten Abschreibungen von 31 auf 32 Euro sogar leicht angehoben und die Einstufung auf "Neutral" belassen. Die Kollegen der DZ Bank bestätigten ihre Verkaufs-Empfehlung.

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