03.02.2014, 16:50 Uhr

EU attackiert Subventionen für britische Atomkraftanlagen

Brüssel / Münster – Die jüngsten Pläne der britischen Regierung zum Bau der neuen Atomenergieanlage Hinkley Point haben einen empfindlichen Dämpfer erhalten: Die europäische Kommission hält die geplante staatliche Unterstützung für das Projekt für überzogen und hat dies nun in einem 70 Seiten starken ersten Prüfbericht dokumentiert.

Wie der britische Telegraph berichtet, kommt die Kommission zu dem Urteil, dass es sich bei der geplanten Förderung für die Investoren von Hinkley Point in Form von garantierten Vergütungen für den Atomstrom tatsächlich um illegale Beihilfe im Sinne des EU-Rechts handeln könnte.

EU: Atomenergie kann ohne staatliche Hilfe auskommen

In einem Brief an die britische Regierung soll EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia erklärt haben, dass die Atomenergie gänzlich ohne staatliche Förderung auskommen könne. Weil die Anlage Hinkley Point C nach den aktuellen Planungen erst in 2023 ans Netz gehen wird, könne auch das Argument, dass das Kraftwerk zur Überwindung der sich abzeichnenden Stromkrise im Königreich dringend benötigt werde, nicht gelten. Die britische Regierung befindet sich in einem Dilemma und hatte darauf verwiesen, dass zahlreiche britische Atomkraftwerke bis 2020 wegen des hohen Alters abgeschaltet werden müssten und Hinkley Point C als Ersatz für die AKW-Altanlagen zur Sicherung der Stromversorgung notwendig seien.

Almunia: Komplexes und beispielloses Anreizsystem für Atomenergie

Der für Wettbewerb zuständige EU-Kommissar Joaquín Almunia, der auch in Deutschland ein Beihilfe-Verfahren wegen der zahlreichen Industrie-Ausnahmen beim Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) veranlasst hatte, erklärte bei der Eröffnung des Untersuchungsverfahrens gegen Hinkley Point C im Dezember 2013, dass das Vereinigte Königreich einen Mechanismus angezeigt hätte, der darauf abziele, Investitionen in die Kernenergie-Nutzung zu locken. Die EU müsse prüfen, welche Auswirkungen von diesem komplexen und beispiellosen Anreizsystem auf die Energiemärkte in UK und in ganz Europa ausgehen.

Garantierte Atomstromvergütung über 35 Jahre vorgesehen

Die britische Regierung will den Betreibern der geplanten Atomenergie-Anlage Hinkley Point C im Rahmen eines Einspeisetarifes stabile Umsätze über einen Zeitraum von 35 Jahren garantieren, zuzüglich Inflantionsausgleich. Hinkley Point wäre in Großbritannien der erste Neubau eines Atomkraftwerks seit fast 20 Jahren. Der Energieversorger Électricité de France (EDF) hatte den Zuschlag für das 14 Mrd. Pfund teure Projekt erhalten. Eine endgültige Investitionszusage von EDF soll im Juli erfolgen, jedoch erscheint eine solche durch die aktuellen Entwicklungen wieder zunehmend unsicher. Die geplante Anlage Hinkley Point C in der Grafschaft Somerset mit ihren zwei Reaktoren mit je 1.600 Megawatt soll 2023 ans Netz gehen. Der Strom aus Hinkley Point C wird zu einem Mindestpreis von umgerechnet 10,9 Cent je Kilowattstunde verkauft. Das ist mehr als hierzulande etwa für Strom aus großen Photovoltaik-Anlagen gezahlt wird.

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