16.12.2013, 17:01 Uhr

Großbritannien: Industrie hält Strom aus neuem Atommeiler für überteuert

Münster – Nach Ansicht von Vertretern der Industrie in Großbritannien ist der erzeugte Strom aus der neu geplanten Kernkraftanlage Hinkley Point C in der Grafschaft Somerset unbezahlbar.

In einem Gespräch mit dem Nachrichtensender BBC betonte Jim Ratcliffe, der derzeitige Vorstandsvorsitzende des international tätigen Chemie-Konzerns Ineos, dass der Bezug des Atomstroms für die Industrie zu den geplanten Preisen nicht in Frage käme.

Britischer Energiemarkt am teuersten

Der französische Energiekonzern EDF will die neuen Atommeiler mit chinesischen Partnern realisieren. Das Besondere an dem Projekt mit einem Investitionsvolumen von 16 Mrd. Britischer Pfund (18,9 Mrd. Euro): Der Strom aus Hinkley Point C wird zu einem Mindestpreis von umgerechnet 10,9 Cent je Kilowattstunde verkauft. Dies ist in etwa das Doppelte des aktuellen Einkaufspreises an der Strombörse. Laut Ratcliffe hat Ineos vor kurzem Versorgungsverträge für die Lieferung von Atomstrom aus Frankreich für 4,5 Cent je Kilowattstunden geschlossen. Nach seiner Aussage sei der Energiemarkt in Großbritannien der teuerste, auf dem das Unternehmen im Moment aktiv sei.

Kernkraftwerkspark in Großbritannien wird immer älter

Die ersten Reaktoren am Kernkraftwerks-Standort "Hinkley Point" gingen bereits im Jahr 1965 mit einer Leistung von 470 MW ("Hinkley Point A") ans Netz. Diese Blöcke wurden im Jahr 1999 wieder abgeschaltet. Zwei weitere Blöcke ("Hinkley Point B") mit zusammen 870 MW sind seit nunmehr 37 Jahren in Betrieb und sollen im Jahr 2023 abgeschaltet werden. Für das neue AKW-Projekt "Hinkley Point C" ist zunächst eine Bauzeit von 10 Jahren veranschlagt. Nach dem Bau der neuen Meiler soll die Stromproduktion der Anlage von einem Prozent auf sieben Prozent der landesweiten Stromerzeugung wachsen.

Weltweit sind die in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke durchschnittlich rd. 27 Jahre alt. Ausgelegt sind Kernkraftanlagen für einen Betrieb von 40 Jahren. Vor allem für die Länder mit einem alten Kraftwerkspark wie die USA (32,9 Jahre) oder Großbritannien (29,6 Jahre) stehen weitreichende Entscheidungen beim Ersatz alter Kernkraftwerke an, wenn man die lange Bauzeit von über sieben Jahren für Neuanlagen berücksichtigt. Die Kosten für einen Ersatz der alten Kernkraftwerke bis 2030 sind weltweit mit über etwa 1,1 Billionen Euro gewaltig.


© IWR, 2013