19.12.2014, 16:47 Uhr

Wie EnBW die Versteigerung von Offshore-Netzanschlüssen umgeht

Münster - Im Vergabeverfahren um die Kapazitäten des Offshore-Netzanschlusses Borwin 3 gibt es eine überraschende Wendung: Der Windparkbetreiber EnBW löst die Konkurrenz-Situation um die Netzanschluss-Kapazitäten mit einer spektakulären Übernahme auf.

Wie EnBW mitteilt, wird das Unternehmen den Windpark Albatros als einzigen Mitbewerber um die Übertragungskapazität von Borwin 3 zum Festland aufkaufen. Die geplante Versteigerung um diese Kapazitäten ist damit hinfällig, das grundsätzliche Problem um Netzanschluss und Vertrauensschutz aber nur vertagt.

Engpass Netzanbindung

Seit Ende Oktober herrscht Aufregung unter den Betreibern deutscher Windparks. Die Bundesnetzagentur verzichtet auf den Bau des lange geplanten Netzanschlusses Borwin 4 in der Nordsee. Eine Kettenreaktion von Umplanungen war die Folge. Als erstes trifft sie die Windparks EnBW Hohe See (492 MW) und Albatros (400 MW). Der Netzanschluss Borwin 3 verfügt nun nur noch über eine Restkapazität von 450 MW, weil zukünftig über Borwin 3 auch der bereits errichtete Windpark Global Tech I angeschlossen werden soll. Diese Restkapazität wollte die Netzagentur zwischen EnBW Hohe See und Albatros versteigern, wogegen beide Projektgesellschaften klagen.

Netzagentur will mehr Anschlusskapazität bereitstellen

EnBW und die Bundesnetzagentur einigten sich am Donnerstag (18.12.2014) vor Gericht auf einen Vergleich. EnBW bekommt die vollen 450 MW Restkapazität von Borwin 3 zugesprochen und die Bundesnetzagentur verpflichtet sich „bis Ende des ersten Quartals 2015 weitere Kapazitäten so zur Ausschreibung zu bringen, dass sich EnBW um weitere Kapazitätszuweisungen […] bewerben kann.“ Im Gegenzug lässt EnBW den Eilantrag fallen, der für den gesamten Offshore-Ausbau wie ein Moratorium wirkte. Gleichzeitig kauft EnBW den Windpark Albatros vom Konsortium OW EVS, einem Joint Venture der österreichischen Strabag sowie der Norderland-Gruppe. Nicht nur ist damit die geplante Versteigerung hinfällig, auch vertritt EnBW nun Anschlussinteressen von knapp 900 MW gegenüber der Netzagentur.

Auch als neuer Besitzer will EnBW nach eigenen Angaben am Windpark Albatros festhalten. Die Bundesnetzagentur werde kurzfristig weitere Anschlusskapazitäten bereitstellen, wie im Vergleich vorgesehen. Zwar ist der genaue Umfang nicht bekannt, EnBW plant jedoch Albatros in einer ähnlichen Größenordnung wie bisher vorgesehen zu bauen. Eine Investitionsentscheidung sei aber für noch keinen der Parks getroffen, wie EnBW gegenüber IWR Online unterstrich.

Vergleich verlagert Kapazitäts-Engpass

Woher diese zusätzlichen Anschlusskapazitäten kommen sollen ist jedoch unklar. Der Bau von Borwin 4 ist weiterhin nicht geplant. Eine Möglichkeit wäre auf die vorgesehen Umlegung des Netzanschlusses des Windparks Global Tech I (400 MW) nach Borwin 3 zu verzichten. Global Tech I ist derzeit an Borwin 2 angeschlossen, soll aber ab 2019 nach Borwin 3 umverlegt werden, um Platz für die Projekte zu schaffen die nach der ursprünglichen Planung für Borwin 4 vorgesehen waren. Doch auch diese Lösung würde den Engpass nur zu einem anderen Anschluss verlagern. Die Unsicherheiten würden nur größer.

Das grundsätzliche Problem lösen Vergleich und Albatros-Deal also mitnichten. Auch wenn es für EnBW gut ausgehen mag ist das Vertrauen der Investoren in die Planbarkeit der Offshore-Projekte weiter schwer erschüttert. Ist auf die Netzanschlussplanung im Offshore-Netzentwicklungsplan (O-NEP) kein Verlass, müssen millionenschwere Vorleistungen für Planung und Konzeption der Offshore-Windparks ohne sichere Planungsgrundlage getätigt. Manch ein Investor könnte das Risiko scheuen.

Quelle: IWR Online
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