10.07.2015, 12:19 Uhr

Still und heimlich: Regierung erweitert Industrie-Ausnahmen im EEG

Berlin/Münster – Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit wurde das wichtigste deutsche Gesetz zum Ausbau der erneuerbaren Energien im Stromsektor geändert, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Es geht dabei um die Industrieausnahmen bei der Zahlung der EEG-Umlage. Zum Vorteil der Verbraucher wurden die Regeln allerdings nicht geändert, im Gegenteil.

Seit Jahren sparen zahlreiche Industriezweige in Deutschland in Summe mehrere Milliarden Euro jährlich, weil sie bei der Zahlung der EEG-Umlage begünstigt werden. Für das Jahr 2015 belaufen sich diese Rabatte beispielsweise auf 4,8 Mrd. Euro. Dennoch hat die Regierung sich dazu entschlossen, weitere Industriezweige in den Genuss der Vergünstigungen kommen zu lassen. Die Gesetzesänderung gilt seit Anfang Juli.

Zwei Industriezweige dürfen sich freuen – Diskussion auf Sparflamme

Freuen dürfen sich die Branchen der oberflächenveredelnden und wärmebehandelnden Unternehmen sowie die Hersteller von Schmiede-, Press-, Zieh- und Stanzteilen. Sie gehören zukünftig auch in den Anwendungsbereich der sogenannten "Besonderen Ausgleichsregelung" des EEG. Dies sieht das zweite Gesetz zur Änderung des EEG vor, dass am 2. Juli im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde und damit am 3. Juli 2015 in Kraft getreten ist. Die Diskussion über die Ausweitung dieser Industriebefreiungen wurde im Vorfeld auf Sparflamme geführt. Immerhin hatte Grünen-Energieexperte und Bundestags-Fraktionsvize Oliver Krischer dagegen gewettert: Wer 90 Prozent der Branchen Ausnahmen zugestehe, so Krischer, könne irgendwann nicht mehr erklären, warum die letzten zehn Prozent das nicht auch bekommen. Krischer weiter: “Und so muss Gabriel jetzt auch Büroklammer- und Kronkorken-Herstellern Geschenke machen. Als Nächstes kommen wahrscheinlich die Osterhasenfabrikanten." Das sei unverantwortlich gegenüber denjenigen, die noch zahlen, vor allem die Privatverbraucher und das Gewerbe, hatte der Grünen-Politiker bereits im März gegenüber IWR Online erklärt.

Allerdings dürften statt der genannten Büroklammer- und Kronkorken-Hersteller tatsächlich eher diejenigen Unternehmen in den Bereich der EEG-Ausnahmen gelangen, die sich mit Schmiedeteilen bzw. mit der Massivumformung beschäftigen. Sie beliefern zumeist die Automobilindustrie und produzieren oft unter hohem energetischen Aufwand, wie eine Sprecherin des Industrieverbands Massivumformung e. V. gegenüber IWR Online darlegte.

2015: Industrie spart 4,8 Milliarden Euro EEG-Umlage

Das Inkrafttreten der EEG-Anpassung erfolgte nun still und leise. Das Gesetz ist mit den Stimmen der Regierungs-Koalition mühelos durchgegangen und bedurfte keiner Behandlung im Bundesrat. Für das Jahr 2015 waren die EEG-Rabatte zumindest wieder leicht gesunken, nachdem sie zuvor viele Jahre in Folge immer weiter ausgeufert waren. Für 2015 belaufen sie sich auf "nur" noch 4,8 Mrd. Euro (2014: 5,1 Mrd. Euro). Allerdings liegt das vor allem an der Senkung der EEG-Umlage pro Kilowattstunde (kWh), die für das Jahr 2015 auf 6,17 Cent/kWh (2014: 6,24 Cent/kWh) zurückgegangen war.

Bafa vorsichtig: Privilegierung dürfte 2016 nicht höher ausfallen als 2015

Das für die Ausnahmen gemäß der Besonderen Ausgleichsregelung zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) stellt fest, dass sich die Zahl der Antragsteller “unter Berücksichtigung der auf Grund der am 3. Juli in Kraft getretenen Novelle des 2. ÄG EEG weiteren zu erwartenden Anträge“ ungefähr auf dem Vorjahresniveau stabilisiere. Es liegen demnach für das Jahr 2016 insgesamt 2.268 Anträge vor (für 2015: 2.461 Anträge), in denen es um rund 117 Mrd. Kilowattstunden (kWh) Strom geht (für 2014: 116,5 Mrd. kWh), der hinsichtlich der EEG-Umlage eine Rabattierung bekommen soll.

Laut Bafa ist eine Vorhersage zu privilegierter Strommenge und dem Entlastungsvolumen in 2016 aufgrund der vielfältigen Einflussparameter und Bescheidungsvarianten, die mit dem EEG 2014 eingeführt wurden, vor Abschluss der Prüfung nicht möglich. Allenfalls könne aus Erfahrung der Rückschluss gezogen werden, dass die Privilegierung in 2016 zumindest nicht höher ausfallen dürfte als für 2015.

Quelle: IWR Online

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