11.10.2011, 10:53 Uhr

Neue EU-Verordnung zur Regulierung des Energiehandels beschlossen

Brüssel – Die EU hat neue Vorschriften über den Großhandel mit Strom und Gas verabschiedet. Das Hauptziel dieser Vorschriften ist nach Angaben der EU-Kommission die Verhinderung des Insider-Handels und anderer Formen des Marktmissbrauchs, die zu einer Verzerrung der Großhandels-Energiepreise führen und in der Regel bewirkten, dass Unternehmen und Verbraucher für Energie mehr bezahlen als notwendig. Die neue Rechtsvorschrift wird Ende dieses Jahres in Kraft treten. Es sei das erste Mal, dass der Energiehandel auf EU-Ebene untersucht wird, um Missbrauchspraktiken aufzudecken. Die nationalen Behörden der Mitgliedstaaten sollen in diesem Zusammenhang Sanktionen einführen, um Marktmanipulationen zu beenden und zu verhindern.

EU-Energiekommissar Günther Oettinger erklärte dazu: „Heute haben wir einen wichtigen Meilenstein bei der Entwicklung des Binnenmarktes erreicht. Die neuen Handelsvorschriften werden zur Schaffung fairer Energiepreise beitragen. Außerdem stärken wir durch die Verbesserung der Markttransparenz und -integrität auch das Vertrauen aller Marktteilnehmer in das gute Funktionieren des Binnenmarktes. Dadurch wird wiederum der Wettbewerb gefördert und es wird gewährleistet, dass die Verbraucher stets das günstigste Angebot erhalten.” Es gebe Hunderte von Unternehmen, die in Europa am Großhandel mit Strom und Gas beteiligt sind, und jeden Tag fänden bis zu 10 000 Transaktionen statt.

Im Energiesektor ergäben sich Möglichkeiten des Marktmissbrauchs über nationale Grenzen hinweg. Da die Regulierungsbehörden in den einzelnen Mitgliedstaaten bisher keinen Zugang zu allen Daten über grenzübergreifende Transaktionen hatten, war es nach Kommissionsangaben schwierig, die Vorgänge auf diesen Märkten nachzuvollziehen und Fälle von Marktmissbrauch aufzudecken. Die neue Verordnung soll dieser Situation ein Ende setzen. Sie wird auf alle Transaktionen des Großhandels mit Strom und Gas in der EU Anwendung finden, einschließlich Verträge über den Transport von Gas oder Strom zum Kunden. In der Verordnung sind auch ein System für die Aufdeckung von Marktmissbrauch sowie Sanktionen bei Verstößen gegen Vorschriften vorgesehen.

Verordnung: Vollständige Überwachung der Transaktionen

Konkret soll die Verordnung die Nutzung von Insider-Informationen bei An- und Verkäufen auf Energiegroßhandelsmärkten verhindern. Dazu bestimmt sie, dass exklusive und preissensitive Informationen offengelegt werden sollten, bevor der Handel stattfinden kann. Daneben sind manipulative Transaktionen oder die Verbreitung unrichtiger Informationen, von denen falsche oder irreführende Signale zu Angebot, Nachfrage und Preisen ausgehen, untersagt. Die Energiehändler werden verpflichtet ihre Transaktionen der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) zu melden. Unter diese Meldepflicht fallen Daten wie Preis, Umfang, Datum und Zeit der Transaktion, Name des Verkäufers und Käufers und Begünstigter. Diese spezielle Verpflichtung wird durch eine Durchführungsverordnung in Kraft gesetzt, die in den kommenden Monaten ausgearbeitet werden soll und die zu übermittelnden Daten im Einzelnen festlegen wird.

Die Verordnung überträgt der Agentur ACER die Zuständigkeit für eine unabhängige Überwachung aller Handelsvorgänge und für die Kontrolle der Vorschrifteneinhaltung. Die bei ihr eingegangenen Daten sollen es der Agentur ACER auch ermöglichen, ihre eigenen Analysen durchzuführen. Bestätigt sich bei ihrer Eingangsbewertung der Verdacht auf Marktmissbrauch, wird sie die nationalen Regulierungsbehörden ersuchen, den betreffenden Fall vor Ort zu untersuchen. Bei grenzübergreifenden Manipulationen wird die Agentur die Untersuchungen koordinieren. Haben die Regulierungsbehörden einen Verstoß gegen die Vorschriften festgestellt, sollen sie Sanktionen verhängen, bei denen dem Schaden für die Verbraucher Rechnung zu tragen ist.

Alle diese Maßnahmen waren bereits im Vorschlag der Kommission vorgesehen, ausgenommen das EU-Register, das durch Identifikation der aktiven Marktbeteiligten für mehr Transparenz sorgen soll, und der Hinweis, bei den Sanktionen dem Schaden für die Verbraucher Rechnung zu tragen. Beide Elemente werden nach Ansicht der EU-Kommission dazu beitragen, dass die Ziele der Verordnung mit noch mehr Nachdruck verfolgt werden.


© IWR, 2011