Sprit bald günstiger? Benzinpreisstelle seit Donnerstag online
Bonn - Die Markttransparenzstelle (MTS) für Kraftstoffe ist online: Am Donnerstag startete der Service im Probetrieb mit vier Verbraucherinformationsdiensten. Künftig sollen Autofahrer die Preise zwischen den Tankstellen in Deutschland vergleichen und gezielt die preisgünstigsten Anbieter auswählen können. Allerdings gibt es Zweifel an der Wirkung des Projekts.
„Preisänderungen der gängigen Kraftstoffsorten E5, E10 und Diesel werden ab heute ‚in Echtzeit‘ an die Markttransparenzstelle gemeldet und durch Informationsdienste an die Verbraucher weitergegeben“, sagte Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, am Donnerstag. Die Tankstellenbetreiber sind bereits seit knapp zwei Wochen verpflichtet, sämtliche Preisänderungen binnen fünf Minuten zu melden. Mehr als 13.000 Teilnehmer machen bereits mit, die restlichen rund 1.500 sollen nach Angaben der federführenden Wettbewerbsaufsicht „in den nächsten Tagen und Wochen“ folgen.
Tankstellen-App: Regelbetrieb startet später
„Die Verbraucher haben somit erstmals die Möglichkeit eines echten Preisvergleiches und können gezielt die preiswertesten Tankstellen in der Umgebung oder auf ihrer Route anfahren. Während des Probebetriebes werden – auch mit Hilfe der Verbraucher – noch Korrekturen am System vorgenommen“, erklärte Mundt weiter. Der Regelbetrieb soll am 1. Dezember 2013 starten.
Vier zugelassene Verbraucher-Informationsdienste haben bereits erfolgreich an der Testphase teilgenommen und sind seit Donnerstag mit ihren Webportalen am Start. Dies sind - zunächst im Web, später sind etwa auch Smartphone-Apps geplant - Angebote des ADAC, clever-tanken.de, mehr-tanken.de und spritpreismonitor.de. Weitere acht Verbraucherinformationsdienste sind bereits zugelassen und sollen in den nächsten Tagen und Wochen folgen. Insgesamt liegen dem Bundeskartellamt bereits Anträge von knapp 100 Interessenten vor. Die Markttransparenzstelle bietet selbst keine Preisinformationen für Bürger an, sondern gibt die Daten im Minutentakt an die Informationsdienste weiter.
Fraglich ist, was die Einführung der MTS dem Verbraucher am Ende bringt. Schon lange hegen Autofahrer und Politik den Verdacht, dass die großen Tankstellenbetreiber BP (Aral), ConocoPhillips (Jet), ExxonMobil (Esso), Shell und Total sich absprechen. Nachgewiesen werden konnte das bislang nicht – wirkliche Kungeleien sind auch gar nicht nötig, wenn man einfach die jeweiligen Wettbewerber genau beobachtet.
Wirkung zweifelhaft
Experten zweifeln an der Wirksamkeit der Maßnahmen: "Profitieren werden nur die rund zehn Prozent der Autofahrer, die schon bislang immer nach dem niedrigsten Preis in der Umgebung gesucht haben. Insgesamt ist es aber viel wahrscheinlicher, dass die Spritpreise steigen werden", sagte Holger Haedrich, Leiter der Studie "Benzinpreismeldestelle 2013", kürzlich der Zeitschrift „Auto Bild“. Für die restlichen 90 Prozent seien Faktoren wie die geplante Route, das Angebot im Tankstellenshop oder die Markentreue ausschlaggebend. Eine Studie des ADAC kam zu ähnlichen Ergebnissen.
Auch Martin Klug von der Verbraucherzentrale NRW hat Zweifel: Man werde nun keine purzelnden Preise erleben, erklärte er der "dpa". Grundsätzlich sei die Transparenz zu begrüßen, aber: "Die Verbraucher müssen dann selbst abwägen, ob sich der Umweg zur billigeren Tankstelle lohnt. 15 Kilometer mehr für ein bis zwei Cent Ersparnis pro Liter sind nicht unbedingt ein gutes Geschäft."
Letztlich könnte die MTS am Ende sogar den großen Ölkonzernen nutzen. Die Importeure und Raffineriebetreiber machen den größten Teil der Marge und können nun wesentlich schneller auf die Schritte der Konkurrenz reagieren. Vorher war dies nur mit teils stundenlanger Verzögerung möglich. Am Ende, fürchtet Haedrich, könnten die Preise sogar steigen.
© IWR, 2013