19.05.2014, 11:21 Uhr

Atom-Deal: Merkel gegen Risikowälzung – Vattenfall entzieht sich AKW-Haftung

Münster - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich in der Debatte um die Einführung einer staatlichen Stiftung, die sowohl für den Abriss der Atommeiler als auch für die Lagerung des Atommülls zuständig sein soll, zu Wort gemeldet. Sie ist der Meinung, dass die Verantwortung grundsätzlich bei den Konzernen bleiben müsse.

Inzwischen ist zudem klar geworden, dass der schwedische Energiekonzern Vattenfall bereits 2012 eine Entscheidung getroffen und umgestezt hat, die sich auch auf die hohen anfallenden Kosten und das finanzielle Risiko in Sachen Atomenergie auswirken: Durch eine Konzernumstrukturierung hat sich der Mutterkonzern der Haftung für die Kosten beim Rückbau der Atomkraftwerke entzogen.

Merkel: Verantwortung bleibt bei den Unternehmen

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ, Freitagsausgabe), zu der von den Energiekonzernen vorgeschlagenen staatlichen Stiftung geäußert. Sie betonte, dass noch viel über dieses Thema gesprochen werde. Allerdings äußerte sie sich skeptisch zum bislang diskutierten Konzept, was immer noch nicht in offzieller Form vorliegt. „Im Grundsatz muss es dabei bleiben, dass die Unternehmen die Verantwortung für die Entsorgung von Atommüll tragen.“, so Merkel im Interview. Des Weiteren lehne Merkel eine Abwälzung der Risiken auf den Staat und auf die Steuerzahler ab. „Eine einseitige Verlagerung der Risiken werden wir nicht mitmachen“.

Auch Simone Peter, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/ Die Grünen, äußerte sich zum Thema. Sie sieht die Verantwortung ebenfalls bei den Unternehmen. Den Versuch der Konzerne, die Verantwortung durch Bereitstellung ihrer Rückstellungen abzugeben, bezeichnete sie als Ablasshandel. Sie forderte die Bundesregierung auf, nicht mit den Unternehmen in Verhandlungen zu treten. Peters Parteifreundin und Vorsitzende des Bundestags-Umweltausschusses Bärbel Höhn hatte gegenüber „Ruhr Nachrichten“ ihre Sorgen hinsichtlich der Finanzstärke der Energieversorger erklärt. Sie will durch einen staatlichen Fonds die Rückstellungen der Unternehmen sichern, da sie befürchte, dass bei einer Pleite eines Energiekonzerns diese Rückstellungen ebenfalls weg sind und der Steuerzahler auf noch höheren Kosten sitzen bleibe. Von Haftung und Verantwortung sollen die Konzerne aber auch aus der Sicht von Höhn nicht befreit werden.

Franz Alt: Rückstellungen der Konzerne reichen nicht aus

Der Journalist und Fürsprecher der erneuerbare Energien Franz Alt meint, dass die Steuerzahler ohnehin für den Abbau der Atomenergie hinzugezogen werden müssten. Der Herausgeber der Sonnenseite.com erklärte, der Vorschlag der Konzerne die Folge der schlechten finanziellen Situationen ist. Es sei bisher immer von billigen Atomstrom die Rede gewesen. Diese Blase sei jetzt geplatzt. Die Konzerne müssten sich jetzt eingestehen, dass die rund 36 Mrd. Euro Rückstellungen nicht ausreichen. Bisher sei nur der Anfang vom Ende des Atomzeitalters sichtbar.

Vattenfall strukturiert um: Mutterkonzern haftet nicht mehr für deutsche AKW

Der schwedische Energiekonzern Vattenfall hat in Sachen Atomenergie und Haftung bereits im Jahr 2012 vorgesorgt. Wie das Handelsblatt berichtet, ist der schwedische Mutterkonzern des deutschen AKW-Betreibers schon im Jahr 2012 durch die Verschmelzung der Vattenfall Europe AG auf die Vattenfall GmbH von der Haftung hinsichtlich der deutschen Kraftwerke befreit. Diese Haftung erfolge nach der Umstrukturierung nur noch „bis zur obersten deutschen Konzerngesellschaft“, habe das Unternehmen dem Handelsblatt gegenüber bestätigt. Vor dieser Umstrukturierung war auch der Mutterkonzern in Sachen Atomenergie haftbar.

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