30.03.2015, 11:50 Uhr

Erneuerbare und EU: Ausschreibungen juristisch nicht notwendig

Münster - Die Festlegung der EU-Kommission auf Aufschreibungen für regenerative Energien ist rechtlich nicht nachvollziehbar. Zu diesem Ergebnis kommt Thorsten Müller, Vorstand der Stiftung Umweltenergierecht, in seiner juristischen Analyse der EU-Beihilfeleitlinien in Verbindung mit der Einführung von Ausschreibungen.

Im IWR-Monatsreport der Regenerativen Energiewirtschaft 03/2015 geht der Stiftungsvorstand Thorsten Müller unter anderem auf eine juristische Einordnung der EU-Beihilfeleitlinien und der Einführung von Ausschreibungen ein. Danach sind die von der EU-Kommission geforderten Ausschreibungen rechtlich offenbar gar nicht notwendig.

EEG weist keine Beihilfeeigenschaft auf

Die Frage der Beihilfeeigenschaft des EEG erhitzt noch immer die Gemüter. Dreh- und Angelpunkt ist das PreussenElelektra-Urteil aus dem Jahr 2001, in dem der Europäische Gerichtshof (EuGH) festgestellt hat, dass die gesetzlichen Vergütungspflichten der Netzbetreiber schon tatbestandlich keine Beihilfe sind. Müller zeigt im IWR-Interview auf, dass das PreussenElektra-Urteil auch heute noch gültig ist und vom EuGH erst jüngst wieder bestätigt wurde.

Bleibt aber die Frage, ob sich das heutige EEG vom damaligen Stromeinspeisungsgesetz schon soweit entfernt hat, dass eine beihilferechtliche Neubewertung vorgenommen werden muss. Der Jurist Müller sieht bei allen Änderungen den Kern gewahrt, dass der Staat nicht über die privaten Gelder (EEG-Umlage) verfügen kann. Müller: "Eine solche Verfügungsmöglichkeit wäre aber Voraussetzung, um die Staatlichkeit der eingesetzten Mittel und damit die Beihilfeeigenschaft zu bejahen."

Müller: EU-Beihilfeleitlinien können rechtlich keinen Bestand haben

Weil eine Beihilfeeigenschaft des EEG nicht vorliegt, können die Beihilfeleitlinien nicht auf das EEG angewendet werden, so Müller weiter. Selbst wenn dem EEG theoretisch eine Beihilfeeigenschaft unterstellt würde, hätte der "Gesetzgeber immer noch die Wahl zwischen einer beihilfefreien Ausgestaltung des EEG oder der Befolgung der Vorgaben aus den Beihilfeleitlinien". Die Leitlinien stehen laut dem Juristen Müller aber auch im Widerspruch zu dem Souveränitätsvorbehalt zugunsten der Mitgliedsstaaten in Artikel 194 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU und den Vorgaben der Erneuerbare-Energien-Richtlinie. Nach eingehender Analyse können die "Beihilfeleitlinien in dieser Form rechtlich keinen Bestand haben", so Müller weiter.

Ausschreibungen juristisch nicht nachvollziehbar - Einengung rechtswidrig

Auch die Festlegung der EU-Kommission auf Ausschreibungen ist rechtlich nicht nachvollziehbar, so der Jurist. Die Wahlfreiheiten der Mitgliedsstaaten, die die Erneuerbare-Energien-Richtlinie ausdrücklich eröffnet habe, könne nicht rechtmäßig durch die Leitlinien eingeschränkt werden, da in der EU-Richtlinie alle denkbaren Varianten (Festpreis-, Prämienregelung, etc.) als zulässig genannt werden.

Die Einengung auf Ausschreibung wird in der Rechtswissenschaft als rechtswidrig eingestuft, so Müller. Aber erst ein Streit zwischen der EU-Kommission und einem Mitgliedsstaat oder eine zulässige Klage eines Wirtschaftsteilnehmers würde nach Auffassung der Stiftung Umweltenergierecht die Rechtmäßigkeit der aktuellen Beihilfe-Leitlinien verwerfen. Solange niemand klagt, bleibt es also vorerst bei der jetzigen Ausschreibungs-Regelung.

Quelle: IWR Online
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