10.08.2015, 14:44 Uhr

Massive Sicherheits-Verstöße im AKW Tihange: Belgische Atomaufsicht droht mit Abschaltug

Brüssel – Die belgische Aufsichtsbehörde "Federaal Agentschap voor de Nucleaire Controle" (FANC) wirft den Mitarbeiter des Atomkraftwerks Tihange vor, sich nicht ordnungsgemäß an die Sicherheitsregelungen gehalten zu haben. Dies ergab ein Testdurchgang, den die Behörde durchgeführt hat. Die Behörde drohte sogar damit, die Abschaltung des Kraftwerks anzuordnen.

Aufgrund dieses Vorwurfs werden alle Mitarbeiter zu einer Nachschulung geschickt, um in Zukunft solche Missstände im Hinblick auf die vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen zu verhindern. Medienberichten zufolge hat Electrabel, der Betreiber des Atomkraftwerks (AKW), selbst eine Vielzahl von Verstößen gegen die eigenen Sicherheitsregeln aufgedeckt.

Atomaufsichtsbehörde wendet sich an die Staatsanwaltschaft

Wie belgische Medien berichten, wird im Fall Tihange auch die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Aus einer Mitteilung der Atomaufsichtsbehörde FANC geht hervorgeht, dass im AKW Tihange in den vergangenen Wochen vermehrt Verstöße gegen Sicherheitsregelungen deutlich wurden. Zuletzt am Mittwoch, dem 29. Juli 2015. So wurde ein Testdurchlauf im Block 3 des Atomkraftwerks durchgeführt, der jedoch Fehlverhalten der Mitarbeiter verdeutlichte. So wurde sich nicht ordnungsgemäß an die Vorkehrungen gemäß dem Sicherheitsprotokoll gehalten. Dieser Vorfall wurde als Stufe 1 im Rahmen der internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse, der International Nuclear Event Scale (INES), eingestuft. Insgesamt setzt sich die Skala aus sieben Stufen zusammen. Stufe 1 stellt dabei eine “Störung“ im normalen Betrieb dar.

FANC fordert Sicherheitskultur beim AKW-Betrieb

Medienberichten zufolge wurde in den letzten Wochen vermehrt Verstöße im AKW Tihange deutlich. So beschrieb Nele Scheerlinck, die Sprecherin der FANC im belgischen Fernsehen, dass es einen Zwischenfall mit einem Absperrventil gab. Dabei wurde ein Testlauf durchgeführt, bei dem nicht sicher war, ob das Ventil offen oder geschlossen gewesen war. Mitarbeiter haben vergessen, es in das Protokoll zu schreiben. Ferner betonte Scheerlinck, es sei wichtig, dass eine Sicherheitskultur an das Atomkraftwerk und den Betreiber Electrabel durchdringt und sich die Situation verbessert. Als Maßnahme wurden vier Mitarbeiter erstmal vom Dienst entlassen. Zusätzlich sollen die Mitarbeiter des Atomkraftwerks auf die richtige Einhaltung von Sicherheitsregeln geschult werden. Scheerlinck sagte zudem, dass die FANC über die Abschaltung des Atomkraftwerks nachdenken werde, sofern keine Verbesserungen deutlich werden.

Nicht die erste Panne in der Geschichte von Electrabel

Bereits 2010 geriet das AKW Tihange in die Schlagzeilen, als säurehaltiges Wasser in den Fluss Maas abgepumpt wurde. Im Jahr 2012 wurden im AKW Doel, ebenfalls von Electrabel betrieben, Risse in einem Reaktorblock festgestellt. Dabei ist Belgien derzeit erheblich von der Atomenergie abhängig. Alleine durch das Atomkraftwerk Tihange wird laut Electrabel nahezu 30 Prozent der Elektrizität in Belgien produziert.

Quelle: IWR Online

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