07.08.2013, 15:00 Uhr

Atomruine Fukushima: Täglich sickern 300 Tonnen verseuchtes Wasser ins Meer

Münster – In Fukushima ist nach wie vor keine Entspannung der Lage in Sicht – ganz im Gegenteil: Nun droht nuklear verseuchtes Grundwasser an die Oberfläche zu gelangen, täglich sickern 300 Tonnen ungehindert ins Meer. Bei der Regierung in Tokio verliert man allmählich die Geduld mit dem Reaktor-Betreiber Tepco.

Das Problem war bereits bekannt, ist aber noch lange nicht gebannt: Bereits im Juni hatte Tepco eingeräumt, dass kontaminiertes Wasser in den Pazifik läuft – doch die seinerzeit ergriffenen Gegenmaßnahmen erzielen nicht den gewünschten Effekt. Seit zwei Jahren gelangen täglich gar 300 Tonnen ins Meer, berichtet die japanische Regierung. Mit „chemischen Mauern“, die sich, einmal ins Erdreich gespritzt, zu einer Sperre verhärten, sollte laut Tepco genau dies verhindert werden. Aber das Wasser fließt offenkundig einfach um die unterirdische Isolierschicht herum. Die Zeitung „Asahi“ hat berichtet, dass ein Austritt des Wassers an der Oberfläche schon in drei Wochen stattfinden könnte. Welche Gefahr hiervon ausgehen könnte, ist unklar.

„Notfall-Situation“ in Fukushima

Doch es tritt nicht nur Wasser aus: 400 Tonnen dringen täglich aus dem Grund in das Gebäude ein und vermischen sich dort mit kontaminierten Kühlwasser. Mit einer 1,4 Kilometer langen, unterirdischen Sperre aus gefrorenem Erdreich soll zunächst der weitere Zufluss aus dem Erdreich in die Atomruine verhindert werden. Hierfür muss eine aufwändige chemische Kühlung installiert werden. Diesen Aufwand kann die finanziell angeschlagene Gesellschaft Tepco aber nicht allein schultern.

„Im Moment liegt eine Notfall-Situation vor“, sagte Shinji Kinjo von der japanischen Atomaufsichtsbehörde der Nachrichtenagentur „Reuters“. Man könne das Unternehmen in der derzeitigen Situation nicht allein lassen, zumal das Bewusstsein für die Krise bei Tepco nicht sonderlich ausgeprägt sei. Ministerpräsident Shinzo Abe will jetzt eingreifen und Sofortmaßnahmen anordnen, was sein Sprecher noch auf die japanisch-diplomatische Art mit „Hilfe anbieten“ umschrieb. Zugleich kündigte die Regierung an, dass einige modernisierte Reaktoren wieder anlaufen sollen.

Tepco: Kühlung hatte Vorrang

Derweil kommt Tepco kaum mit dem Abpumpen hinterher. Täglich müssen 100 Tonnen verseuchtes Wasser beiseite geschafft werden, 85 Prozent der 380.000 Tonnen Speicherkapazität sind bereits voll. Kurz nach der Katastrophe im Frühjahr 2011 hatte die Regierung gestattet, dass Tepco zehntausende Tonnen strahlenden Wassers in den Pazifik leitet.

Messungen hatten erst kürzlich eine erhöhte Konzentrationen der radioaktiven Isotope Cäsium-134 und Cäsium-137 im Grundwasser am havarierten Meiler ergeben, was auf eine undichte Stelle am Reaktor schließen lässt. Tepco hatte noch im Juni darauf verwiesen, dass Stahlböden und Betonfundamente das Grundwasser schützen würden, bevor der Konzern eine verzögerte Reaktion auf das Problem einräumte. Die Kühlung der immer noch heißen Brennstäbe habe Vorrang gehabt.


© IWR, 2013