Batterieforschung und Elektromobilität: Neues Herstellungsverfahren ebnet Weg für Feststoffbatterien mit einzigartigem Flüssig-Fest-Elektrolyten
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Dübendorf, Schweiz - Feststoffbatterien mit höheren Reichweiten, kürzeren Ladezeiten und maximaler Sicherheit gelten als nächster großer Schritt in der Batterieentwicklung für die Elektromobilität. Das aus 14 Partnern bestehende „Horizon 2020“-Konsortium „SOLIDIFY“ hat eine leistungsstarke Feststoff-Lithium-Metall-Batterie entwickelt und damit einen wichtigen Meilenstein erreicht.
Der Wunsch nach größerer Reichweite und kürzeren Ladezeiten von Elektrofahrzeugen macht deutlich, dass ein Bedarf an leistungsfähigeren Fahrzeugbatterien besteht. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass diese Batterien günstig sind, machen sie doch derzeit fast die Hälfte des Preises eines Elektrofahrzeugs aus. Der Prototyp der im Rahmen des SOLIDIFY-Projektes entwickelten Feststoffbatterie wurde im hochmodernen Batterielabor von „Energy Ville“ in Belgien hergestellt. Das Herstellungsverfahren ist nach Angaben der Projektpartner kostengünstig und lässt sich an bestehende Produktionslinien für Lithium-Ionen-Batterien anpassen. Dies soll den Weg für eine kommerzielle Herstellung von festen Lithium-Ionen-Batterien für die Elektromobilität ebnen.
Empa: Neues Verfahren verspricht erschwinglichen Transfer in die Industrie
Bei Feststoffbatterien wird anstelle des flüssigen Elektrolyten, der in herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien zum Einsatz kommt, ein festes Elektrolytmaterial verwendet, durch das die Lithiumionen zum Laden und Entladen fließen. Dies bietet Vorteile wie eine höhere Energiedichte und eine geringere Brandgefahr. Auf der Materialebene ergibt sich die höhere Energiedichte der Zelle aus der Einführung einer dünnen Lithium-Metall-Anode zusammen mit einem ausreichend dünnen Festelektrolyt-Separator. Die Entwicklung einer kosteneffizienten Architektur für die Massenproduktion dieser Zellen ist jedoch nach wie vor schwer zu erreichen.
Nun hat das Konsortium im Rahmen des „SOLIDIFY“-Projekts den Prototyp einer Hochleistungs-Lithium-Metall-Batterie mit einem festen Elektrolyten entwickelt. Die Pouch-Zelle, die im hochmodernen Batterielabor von „Energy Ville“ in Genk/Belgien hergestellt wurde, erreichte eine hohe Energiedichte von 1070 Wh/L, verglichen mit den 800 Wh/L heutiger Lithium-Ionen-Technologien.
Die hohe Energiedichte wurde durch die Kombination einer dicken Kathode mit hoher Energiedichte (NMC, die Nickel, Mangan und Kobalt enthält) erreicht, die von einer dünnen Lithium-Metall-Anode durch einen dünnen Festelektrolyt-Separator getrennt ist. Mit einem Herstellungsprozess, der bei Raumtemperatur durchführbar ist, sich an aktuelle Produktionslinien für Lithium-Ionen-Batterien anpassen lässt und voraussichtlich weniger als 150 Euro pro kWh kosten wird, verspricht dieses Verfahren einen erschwinglichen Transfer in die Industrie.
Konsortium überwindet Herausforderungen bei mechanischer Festigkeit und Kathodenimprägnierung
Der Projekterfolg wurde durch die sorgfältige Evaluierung und Optimierung neuer Materialien und fortschrittlicher Beschichtungstechnologien erreicht. Für den Elektrolyten des Prototyps wurde ein polymerisiertes, auf einer ionischen Flüssigkeit basierendes festes Nanokompositmaterial entwickelt. Dieses ermöglichte einen einzigartigen, von der Empa zum Patent angemeldeten „Flüssig-zu-Fest“-Verfestigungsansatz, mit dem sich ein sehr dünner Separator von 20 ?m herstellen lässt, der aber auch die Verwendung einer dicken Kathode von 100 ?m Dicke und einen kompakten Batteriezellenstapel ermöglicht.
Zudem gelang es dem Konsortium, die Herausforderungen in Bezug auf die mechanische Festigkeit und die Kathodenimprägnierung zu überwinden. Zudem konnte die Ladezeit der Zelle auf drei Stunden und ihre Lebensdauer auf 100 Zyklen erhöht werden. Im Vergleich zu anderen Feststoffbatterien wies die thermisch stabile Zelle nach Angaben von Empa eine geringere Entflammbarkeit auf, was die Sicherheit erhöht. Die Anwendung von nanometerdünnen Schutzschichten ermöglicht die Verwendung von kobaltarmen NMC-Kathoden, die die Umweltbelastung verringern und gleichzeitig eine höhere Kapazität bieten. Zu den nächsten Schritten gehört die weitere Hochskalierung dieser Hochleistungsbatterie-Technologie.
Projektpartner SOLIDIFY H2020
Das H2020-Projekt „SOLIDIFY“ umfasste die Entwicklung einer Feststoff-Lithium-Metall-Batterietechnologie, die auf einem neuen flüssig-zu-fest verarbeitbaren Festelektrolyten basiert. Dieser wird in Lösung in die Elektroden imprägniert und anschließend verfestigt. Der Festelektrolyt bietet zahlreiche Vorteile in Bezug auf die Zellleistung und die großtechnische Herstellung, und zwar sowohl direkt als auch in Bezug auf die Kosten der Zelle.
Das „SOLIDIFY“-Konsortium bestand aus den Forschungszentren Imec/Energy Ville (Belgien), Fraunhofer (Deutschland), Centro Ricerche Fiat SCPA (Italien) und der Empa, der Universität Hasselt/Energy Ville (Belgien) und der Delft University of Technology (Niederlande), sowie die Industriepartner VDL Groep (Niederlande), Umicore (Belgien), Solith (Italien), SOLVIONIC (Frankreich), Sidrabe (Lettland), Leclanché (Schweiz), Gemmate Technologies (Italien) und Powall (Niederlande). Das Projekt wurde aus Mitteln des EU-Forschungs- und Innovationsprogramms „Horizon 2020“ finanziert und von Imec koordiniert.
Die Projektlaufzeit des am 01. Januar 2020 gestarteten Projekts liegt bei 48 Monaten.
Quelle: IWR Online
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