CO2-Speicherung auf dem Vormarsch: Bundesregierung beschließt Novelle des CCS-Gesetzes – Wirtschaftsverbände fordern zügige Umsetzung

© Adobe Stock
Berlin – Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes (KSpTG) beschlossen. Ziel ist der Aufbau einer CO2-Infrastruktur für schwer vermeidbare Emissionen. VKU und BDEW begrüßen den Schritt – fordern aber klare Regeln, Planungssicherheit und den Schutz der Wasserressourcen.
Mit dem Beschluss der Novelle des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes will die Bundesregierung den Weg für die CO2-Speicherung (Carbon Capture and Storage / CCS) und Nutzung (Carbon Capture and Utilization / CCU) und den Transport von CO2 ebnen – insbesondere für schwer vermeidbare Emissionen des Industriesektors. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) und der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) loben den Entwurf als wichtigen Meilenstein, mahnen jedoch konkrete Schritte für Finanzierung, Umsetzung und Umweltschutz an.
Bundesregierung will CCS ermöglichen – „Wettbewerbsfähigkeit sichern“
Mit dem am 6. August 2025 vom Bundeskabinett verabschiedeten Gesetzentwurf zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes (KSpTG) will die Bundesregierung Carbon Capture and Storage (CCS) sowie Carbon Capture and Utilization (CCU) in Deutschland ermöglichen. Der Entwurf gilt aus Sicht der Bundesregierung als Schlüssel für die Dekarbonisierung energieintensiver Industrien und als Voraussetzung für Investitionen in eine künftige CO2-Infrastruktur. Im Fokus stehen dabei Industriezweige wie die Zement- und Kalkproduktion sowie die thermische Abfallbehandlung. Durch die Regelungen des KSpTG soll laut Bundesregierung sichergestellt werden, dass Klimaziele erreicht und die betroffenen Industriezweige in Deutschland gehalten werden.
„Das Gesetz ermöglicht den Transport und die Speicherung sowie die Nutzung von CO2. Dies ist entscheidend etwa für die Kalk- oder Zementherstellung, bei der Prozessemissionen entstehen, die anders nicht vermieden werden können. Wir brauchen diese Technologie für unsere Wettbewerbsfähigkeit!“, erklärte Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche.
Kernpunkte des Gesetzes:
- Errichtung von CO2-Speichern in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) und auf dem Festlandsockel
- Opt-in-Regelung für die Onshore-Speicherung durch Bundesländer
- Ausschluss von CO2 aus Kohlekraftwerken vom Zugang zur Infrastruktur
- Überragendes öffentliches Interesse für CO2-Leitungen und Speicherprojekte
- Beschleunigte Genehmigungsverfahren und Planungsprozesse
Die Bundesregierung verweist auf einen dringenden Handlungsbedarf: Ein möglichst frühzeitiger Beginn der Projekte sei essentiell, da der Aufbau von Transport- und Speicherinfrastrukturen zwischen sieben und zehn Jahre dauere – ab Anfang der 2030er Jahre sollen diese einsatzbereit sein, um die Klimaziele zu erreichen.
VKU und BDEW fordern Tempo, Sicherheit und Schutz von Wasserressourcen
Der VKU begrüßt das neue Gesetz als wichtigen Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität. CCS bietet aus VKU-Sicht vor allem in der kommunalen Abfallwirtschaft eine besondere Chance. Da ein großer Teil des Abfalls aus organischen, also biogenen Materialien besteht, kann bei der CO2-Abscheidung mehr Kohlendioxid entfernt werden, als zuvor bei der Entstehung des Abfalls klimaschädlich ausgestoßen wurde. Dadurch entstehen Negativ-Emissionen – ein Effekt, der aktiv zur Senkung des CO2-Gehalts in der Atmosphäre beiträgt und somit die Klimaziele unterstützt, so der VKU.
Gleichzeitig warnt der Verband aber auch vor falschen Weichenstellungen. So solle der CCS-Einsatz bei fossilen Gaskraftwerken zwar grundsätzlich möglich sein, biete jedoch „keine echte wirtschaftliche Perspektive“. Zukunftsorientierte Alternativen wie der Einsatz von Wasserstoff dürfen durch diese rechtliche Option daher nicht ins Hintertreffen geraten. Zudem macht der VKU deutlich, dass der Schutz der Wasserressourcen stets Vorrang haben muss und wasserwirtschaftliche Interessen bei der Anwendung von CCS-Technologien unbedingt berücksichtigt werden müssen.
Auch der BDEW bewertet die Gesetzesnovelle als „notwendigen Schritt, um die rechtlichen Grundlagen für den Aufbau einer Carbon-Management-Infrastruktur in Deutschland zu legen. Die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung Kerstin Andreae betont: „Die angekündigten Anpassungen der rechtlichen Rahmenbedingungen durch die Bundesregierung begrüßen wir und setzen auf eine zeitnahe Umsetzung. Jetzt muss auch ein Konzept für den Aufbau und die staatliche Absicherung sowie Finanzierung einer CO2-Infrastruktur erarbeitet werden.“
Zudem fordert der BDEW eine umfassende Carbon-Management-Strategie, beispielsweise durch Clusterbildung in Industrieregionen. Hinsichtlich Umwelt- und Gewässerschutz sieht Andreae klaren Regelungsbedarf: „Unter allen Bedingungen ist der Schutz der Wasserressourcen sicherzustellen. Daher sind bei Offshore-CO2-Speichervorhaben die Risiken für küstennahe Süßwasserreservoire durch Salzwasser- sowie für Schadstoffeinträge zu berücksichtigen. Es darf grundsätzlich keine unterirdische Onshore-Speicherung von CO2 in Deutschland geben. Die Opt-in-Möglichkeit für die Onshore-Speicherung durch die Bundesländer sieht der BDEW mit größter Skepsis“, so Andreae.
Als positiv vermerkt der BDEW zudem die Anbindung an das bestehende energiewirtschaftliche Ordnungsrecht. Dies erhöhe die Rechtssicherheit und stärke die Systemkohärenz, so der Verband.
Offshore vs. Onshore – Inland vs. Ausland: Zum Stand der CO2-Speicheroptionen
Die Speicherung von CO2 im Rahmen von CCS erfolgt entweder offshore unter dem Meeresboden oder onshore in tiefen Gesteinsschichten unter dem Festland. International ist die Offshore-Speicherung, etwa bei den norwegischen Projekten Sleipner oder Snøhvit sowie Australiens Gorgon-Projekt, am weitesten erprobt. Diese Speicher gelten als besonders sicher, da sie weit entfernt von Siedlungsbereichen liegen und damit geringere Umwelt- und Akzeptanzrisiken bergen.
Die Onshore-Speicherung unter dem Festland wurde in Pilotprojekten wie in Ketzin (Deutschland) oder dem Illinois Basin (USA) getestet. Allerdings sind solche Projekte weltweit seltener, vor allem wegen höherer Anforderungen an den Umwelt- und Bevölkerungsschutz.
Im Entwurf zur Novelle des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes (KSpTG) liegt der Fokus auf der Nutzung und dem Ausbau von Offshore-Speichern auf See auf dem Gebiet des Festlandsockels sowie in der ausschließlichen Wirtschaftszone. Die Onshore-Speicherung ist nur mit Zustimmung der Bundesländer (Opt-in) möglich, die entscheiden, ob sie solche Speicher auf ihrem Gebiet zulassen.
Grundsätzlich ist es nach dem Gesetzentwurf irrelevant, ob das in Deutschland abgeschiedene CO2 in Speichern in Deutschland oder erst per Pipeline oder Schiff ins Ausland (z.B. Norwegen) exportiert und dann dort verpresst wird. Angesichts der begrenzten Speicherkapazitäten in Deutschland und der Diskussionen um die CO2-Speicherung ist der Export von CO2 für die Bundesregierung eine wichtige Option.
Quelle: IWR Online
© IWR, 2025