09.10.2015, 10:33 Uhr

Damit sich Fukushima nicht wiederholt: EU-Projekt soll Reaktorsicherheit erhöhen

Duisburg - Die Reaktorkatastrophe, die sich nach einem Seebeben mit anschließendem Tsunami 2011 in Fukushima ereignete, hatte verheerende Folgen für die Region und ihre Menschen. Damit sich eine solche Katastrophe nicht wiederholt, sollen Forscher nun ein neues Kühlsystem für AKWs entwickeln, das auch bei Stromausfall stabil und autark läuft.

Ein solches System soll ein internationaler Forschungsverbund unter Koordination der Universität Duisburg-Essen (UDE) nun im Rahmen eines EU-Projektes entwickeln. Der Reaktorkern soll auch bei Stromausfall weiter gekühlt und so eine Kernschmelze wie in Fukushima vermieden werden.

Zerfallswärme des Reaktorkerns soll genutzt werden

Was die Menschen vor Atomkatastrophen wie in Fukushima schützt, macht außerdem andere Energieanlagen effektiver und umweltfreundlicher, teilte die UDE mit. Das neue System könne nämlich die Restwärme in elektrischen Strom umwandeln und stoße daher weniger klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) aus. Die EU fördert das Projekt in den kommenden drei Jahren mit knapp drei Millionen Euro.

Der Projektname lautet „supercritical CO2 Heat Removal System“, kurz sCO2-HeRo. Was sich dahinter verbirgt, erklärt Professor Dieter Brillert von der UDE so: „Das System führt die Zerfallswärme des Reaktorkerns an die Umgebung ab und nutzt einen Teil der Wärme als Antriebsenergie. Es ist energieautark und funktioniert auch, wenn die Stromversorgung ausfällt. Bei einem Störfall wird so wertvolle Zeit für die Wiederherstellung von Notstromaggregaten und für andere Maßnahmen gewonnen.“

Forscher entwickeln zunächst Demonstrator für Kernkraftwerksmodell

Technisch gesehen besteht das Ganze aus einem so genannten Joule-Kreislauf mit Wärmetauschern, einem Kompressor und einer Turbine. Als Medium wird überkritisches Kohlendioxid verwendet. „CO2 hat in diesem Zustand die Dichte einer Flüssigkeit und die Zähigkeit eines Gases. Dies erlaubt eine äußerst kompakte Bauweise, die Platz spart und die Investitionen überschaubar macht“, sagt Brillert, der Experte für Strömungsmaschinen ist. Die sechs Projektpartner entwickeln zunächst einen Demonstrator. Dieser soll dann in einem Kernkraftwerksmodell erprobt werden, mit dem sich Störfälle simulieren lassen.

Bestehende, aber auch neue Atomkraftwerke (AKW) sicherer zu machen, ist das eine Ziel. Ein zweites Ziel ist es, die Entwicklung auf Energieanlagen zu übertragen, bei denen die Restwärme eine niedrige Temperatur hat. Anstatt dass diese Wärme ungenutzt entweicht, kann sie mit dem neuen System in elektrischen Strom umgewandelt werden. Die Anlagen würden somit weniger Öl, Gas und Kohle benötigen und weniger umweltschädliches CO2.

Brillert: Sicherheits-Technologie für AKWs als Produkt exportieren

„Wie man auch dazu steht, Atomstrom wird es weiter geben“, betont Professor Brillert. „China beispielsweise plant neue Meiler, und unser Nachbar Frankreich hat etwa über 50 Blöcke, die weiter am Netz bleiben. Wir sollten also ein Interesse daran haben, die Technologie, die Kernkraftwerke sicherer macht, zu verbessern und als Produkt zu exportieren.“ An dem Forschungsprojekt sind die Universitäten Duisburg-Essen, Stuttgart und Delft (Niederlande), das Zentrum für Simulatorforschung KGS/GfS aus Essen sowie die Institute Centrum Výzkumu Rez und UJV Rez aus Tschechien beteiligt.

Quelle: IWR Online

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