Deutschland streitet über Uranlieferungen an Risiko-Reaktoren
Berlin/Münster – Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) steht wegen der Lieferung von Brennelementen an den belgischen Atomreaktor Tihange 2 in der Kritik. Nun prüft das Umweltministerium Möglichkeiten, wie Deutschland aus der Produktion von Brennelementen ganz aussteigen kann.
Das Bundesumweltministerium (BMUB) lässt derzeit prüfen, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen Deutschland aus der Urananreicherung und der Brennelementeproduktion aussteigen kann. Vorausgegangen war die heftige Kritik mehrerer Bundesländer an der Zustimmung zur Lieferung von Brennelementen für das belgische Pannen-Atomkraftwerk(AKW) Tihange 2.
Druck der Länder: BMUB prüft Stilllegung der Brennelemente-Produktion
Das BUMB hat die Erstellung eines Gutachtens vergeben, in dem geklärt werden soll, wie eine Stilllegung der Urananreicherung und der Produktion von Brennelementen in Deutschland rechtlich gelingen könnte. Das Umweltministerium reagiert damit auf Kritik der Bundesländer Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Die Umweltstaatssekretäre der drei Länder fordern in einem gemeinsamen Schreiben das BMUB auf, den Export von Brennelementen ins benachbarte Ausland nicht weiter zu genehmigen.
Streit um rechtliche Lieferverpflichtungen
Es sei bei den Kernkraftwerken Tihange, Doel, Cattenom und Fessenheim keinesfalls gewährleistet, dass von ihnen keine Gefahr für die Bundesrepublik ausgehe, so die Umweltstaatssekretäre Thomas Griese (Rheinland-Pfalz), Peter Knitsch (NRW) und Almut Kottwitz (Niedersachsen) in einem gemeinsamen Statement. Nach dem Atomgesetz dürfe die Ausfuhr von Kernbrennstoffen nur genehmigt werden, wenn ihre Verwendung nicht die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährde. Die Länder führen ein Gutachten an, aus dem hervorgehe, dass diese Genehmigungsvoraussetzung nicht gegeben sei.
Bundesumweltministerin Hendricks sieht ihr Ministerium dagegen in der rechtlichen Pflicht, die Brennelemente ins Ausland zu liefern „Klar ist: Das Atomgesetz und das Europarecht bieten keine Handhabe, die Lieferung von Brennelementen ins Ausland zu unterbinden, solange die Kernbrennstoffe dort nicht missbräuchlich verwendet werden, etwa als Waffen oder zu terroristischen Zwecken“, erläutert die Ministerin. Die Schließung der Uranfabriken wäre daher der einzige Weg, den Export von Brennelementen zu verhindern.
Deutschland liefert Brennelemente an Pannen-Reaktor Tihange 2
Deutschland hatte seit dem Sommer 2016 insgesamt 68 Brennelemente an das AKW Tihange 2, nahe der deutschen Grenze geliefert, wie die Tagesschau berichtet. Der Reaktor unweit der deutschen Grenze steht wegen tausender Haarrisse im Reaktor und zahlreicher Mängel seit Jahren in der Kritik. Auch Hendricks hatte die zumindest vorübergehende Stilllegung des Reaktors gefordert. Tihange steht in der Dreiländerregion etwa 25 km südwestlich von Lüttich und 70 Kilometer westlich von Aachen.
Quelle: IWR Online
© IWR, 2017