28.03.2014, 14:52 Uhr

Engpass oder Überkapazitäten: Wie sicher ist die Stromversorgung?

Münster – Im Zuge der Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) haben sich die Forderungen nach einem Kapazitätsmarkt für die Stromversorgung in Deutschland zuletzt gehäuft. Der der erfolgreiche und zügige Ausbau im Bereich der regenerativen Energien in den vergangenen Jahren setzt die großen Energieversorger zunehmend unter Druck.

Die Folge sind zum Teil schwache Auslastungen bei konventionellen Kraftwerken. E.ON und RWE forderten unlängst einen Kapazitätsmarkt, der die bloße Bereitstellung von Kapazitäten zur Stromerzeugung vergütet. Ohne diese Anreize könne die Stromversorgung in Deutschland gefährdet werden, da Anreize für den Bau von neuen Kraftwerken fehlten, so die Argumentation.

EnBW steigert Stromerzeugungs-Kapazitäten kräftig

Ungenutzte Stromerzeugungs-Kapazitäten können aber auch dadurch entstehen, dass die Versorger zu viele neue Kapazitäten aufbauen. Dies scheint beispielsweise beim Energieversorgungs-Unternehmen EnBW der Fall zu sein. Bis Mitte des Jahres soll das neue Steinkohlekraftwerk RDK8 (Rheinhafen-Dampfkraftwerks Karlsruhe Block 8) mit einer gelanten Nettoleistung von 842 Megawatt (MW) entstehen. Im Gegenzug hatte das Unternehmen eigentlich geplant, in diesem Jahr die Abschaltung von zwei alten Kraftwerken mit einer Leistung von zusammen 668 MW umzusetzen. Diese Abschaltungen der Altanlagen wurden aber durch die Bundesnetzagentur vorerst untersagt, die alten Kraftwerke dürfen nicht vor Mitte 2016 vom Netz gehen (IWR Online berichtete).

Aufgrund der langen Planungs- und Bauzeit für einen Kraftwerks-Neubau wie bei RDK8 müssen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Kraftwerkskapazitäten auch die kommenden Jahre berücksichtigt werden. Für diese sind aber keine weiteren Kraftwerks-Abschaltungen vom Unternehmen geplant. EnBW wird also seine Stromerzeugungs-Kapazitäten per Saldo erhöhen. Selbst wenn die Abschaltung in diesem Jahr genehmigt worden wäre, würde das Unternehmen seine Kapazitäten bei der Stromerzeugung letztendlich um rund 200 MW ausbauen. Bei den geplanten Abschaltungen handelt es sich um ein altes Steinkohle- und ein Heizölkraftwerk, die nicht mehr profitabel arbeiten. Die Bundesnetzagentur untersagt jedoch das Herunterfahren der Blöcke, da sie aus Sicht der Behörde derzeit systemrelevant sind.

Vattenfall sieht Überkapazitäten in Deutschland

In der letzten Woche erregte der Energiekonzern Vattenfall Aufmerksamkeit, als es sich als erster großer Versorger gegen einen Kapazitätsmarkt aussprach. Deutschland habe danach noch „bis mindestens 2020" große Überkapazitäten bei den fossilen Kraftwerken. Auch IWR-Direktor Dr. Norbert Allnoch findet die Rufe nach einem Kapazitätsmarkt irreführend, denn Deutschland verfüge bereits über genügend Stromerzeugungs-Kapazitäten. Die entscheidende Frage sei jedoch, wie schnell und flexibel die Kraftwerke auf die sich ändernden Angebots- und Nachfragesituationen reagieren können. Deshalb fordert er ein Anreizsystem für einen neu zu definierenden Flexibilitätsmarkt inklusive Speichertechniken.

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