23.06.2022, 16:05 Uhr

Notfallplan Gas: Bundeswirtschaftsminister Habeck ruft Alarmstufe aus


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Berlin - Angesichts der angespannten Situation auf den Gasmärkten hat die Bundesregierung im Rahmen des Notfallplans Gas die Alarmstufe ausgerufen. Wegen der Kürzungen der Gaslieferungen aus Russland ist eine ausreichende Befüllung der Gasspeicher bis zum Winter gefährdet.

Nach Abstimmung innerhalb der Bundesregierung hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) heute (23.06.2022) die zweite Stufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Aktuell ist die Versorgungssicherheit zwar gewährleistet, aber die Lage ist aus Sicht der Bundesregierung angespannt. Der Notfallplan Gas hat drei Stufen, die dritte wäre die Notfallstufe.

Bundesregierung sieht Gasversorgung nach Kürzung der russischen Liefermengen gefährdet

Als Grund für die Ausrufung der Alarmstufe nennt das BMWK die seit dem 14. Juni 2022 bestehende Kürzung der Gaslieferungen aus Russland in Kombination mit dem weiterhin hohen Preiseniveau am Gasmarkt. Zwar sind die Gasspeicher mit 58 Prozent stärker gefüllt als im Vorjahr. Doch sollten die russischen Gaslieferungen über die Nord Stream 1-Pipeline weiterhin auf dem niedrigen Niveau von 40 Prozent verharren, ist ein Speicherstand von 90 Prozent bis Dezember kaum mehr ohne zusätzliche Maßnahmen erreichbar. Damit liegt aus Sicht der Bundesregierung aktuell eine Störung der Gasversorgung vor, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führt und die Ausrufung der Alarmstufe notwendig macht.

Für Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck ist die Drosselung der Gaslieferungen ein ökonomischer Angriff Putins. „Gas ist von nun an ein knappes Gut. Die Preise sind jetzt schon hoch, und wir müssen uns auf weitere Anstiege gefasst machen. Das wird sich auf die industrielle Produktion auswirken und für viele Verbraucherinnen und Verbraucher eine große Last werden. Es ist ein externer Schock“, so Habeck.

Kohlekraftwerke aus der Reserve sollen Gasverbrauch reduzieren

Habeck appellierte an alle Verbraucher in der Industrie, in öffentlichen Einrichtungen sowie in den Privathaushalten, den Gasverbrauch möglichst weiter zu reduzieren, damit Deutschland über den Winter kommt.

Um den Gasverbrauch in der Stromerzeugung zu senken, wird die Bundesregierung, wie am 19. Juni 2022 angekündigt, zusätzliche Kohlekraftwerke aus der Bereitschaft abrufen. Das entsprechende Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz, das den Abruf der Gasersatz-Reserve ermöglicht, ist derzeit im parlamentarischen Verfahren. „Wir bringen Kohlekraftwerke in den Markt und reduzieren die Menge an Gas. Das ist schmerzlich, Kohlekraftwerke sind einfach Gift fürs Klima. Aber für eine Übergangszeit müssen wir es tun, um Gas einzusparen und über den Winter zu kommen“, so Habeck.

Gasauktionsmodell für industrielle Gasverbraucher geplant

Zudem hat die Bundesregierung eine Kreditlinie von zunächst 15 Milliarden Euro zur Speicherbefüllung zur Verfügung gestellt. Noch im Sommer soll zudem ein Gasauktionsmodell an den Start gehen, das industrielle Gasverbraucher anreizt, Gas einzusparen. Die Bundesnetzagentur hat dieses Modell am 21. Juni 2022 näher ausbuchstabiert. Weitere Konkretisierungen sollen in den kommenden Wochen erfolgen, damit es zügig an den Start gehen kann.

Um die Gaskrise gemeinsam zu bewältigen, will Habeck in den nächsten Tagen den Austausch mit der Wirtschaft, seinen Amtskollegen in den Ländern und der Europäischen Union, aber auch mit Verbraucherschützern, Gewerkschaften und Umweltverbänden noch einmal intensivieren. „Es ist wichtig, in dieser Krise die unterschiedliche Betroffenheit zu kennen, das Wissen und Können zusammenzubinden und so immer wieder bessere Lösungen zu finden. Wir werden in dieser Krise lernen, wir werden immer wieder Dinge anpassen“, so Habeck. Er kündigte zudem an, innerhalb der Bundesregierung über weitere Entlastungsmaßnahmen für Bürger mit geringem Einkommen zu beraten.

Quelle: IWR Online

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