14.05.2013, 11:26 Uhr

Regierung vertagt Fracking-Entscheidung

Münster – Die Bundesregierung will offenbar noch nicht über den Gesetzentwurf von Umweltminister Peter Altmaier (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) zum umstrittenen Fracking entscheiden. Medienberichten zufolge habe die dpa erfahren, dass dieses Thema von der Tagesordnung für die Kabinettssitzung am Mittwoch gestrichen worden ist. Sowohl der NRW-Fraktionschef der CDU, Karl-Josef Laumann, als auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hätten sich für ein Moratorium ausgesprochen, bis diese Technik ohne umweltgefährdende Chemikalien auskomme. Dass vor der Bundestagswahl noch eine Entscheidung über die Erschließung der Schiefergase mittels Fracking-Technik herbeigeführt wird, erscheint damit unwahrscheinlich. Die Technik ist in Politik und Gesellschaft umstritten. Zuletzt hatte sich Claus-Harald Güster, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) dagegen ausgesprochen. Die wichtigste menschliche Lebensgrundlage – das Wasser – stehe auf dem Spiel. Deshalb müsse Fracking verboten werden, so Güster.

Industrie und kommunale Unternehmen bewerten Gesetzentwurf positiv

Nach dem Gesetzentwurf von Altmaier und Rösler sollte Fracking zur Gewinnung von Schiefergas in Trinkwasserschutzgebieten grundsätzlich verboten sein. Zudem sollten die Fracking-Projekte vor der Genehmigung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchlaufen. Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) hatte den Vorschlag der Minister begrüßt und auch für den Verband kommunaler Unternehmen (VKU) waren die Vorschläge konsequent. Laut VKU müsse die einvernehmliche Einbindung der Wasserbehörden dabei beinhalten, dass sie eine verlässliche Entscheidungsgrundlage über die zum Einsatz kommenden Chemikalien erhielten.

Experten sehen begrenztes Potenzial

Der Einstieg in die Fracking-Technologie könnte die Importabhängigkeit beim Erdgas allerdings nur temporär reduzieren. Es sei zwar möglich, russisches oder norwegisches Erdgas für eine begrenzte Zeit durch heimisches Fracking-Gas zu ersetzen. Nach Einschätzung von Experten könnte die zur Verfügung stehende deutsche Schiefergasmenge lediglich ausreichen, um die Versorgung in Deutschland mit Erdgas über einen Zeitraum von etwa 13 Jahren zu decken.

A.T. Kearney-Studie hebt Vorteile der Schiefergasnutzung hervor

Trotz der überschaubaren Potenziale wird die Bedeutung von unkonventionellem Gas, allem voran Schiefergas, in Europa nach Einschätzung der Beratungsgesellschaft A.T. Kearney rasant zunehmen. Bis zum Jahr 2035 könnte Schiefergas einen Anteil von rund 45 Prozent an der europäischen Gasförderung haben beziehungsweise einen Anteil von 10 Prozent an der Gesamtnachfrage aufweisen. Das geht aus einer aktuellen A.T. Kearney-Studie hervor, in der verschiedene Szenarien für die Förderung von Schiefergas in Europa entwickelt wurden. Die größten Schiefergasproduzenten werden voraussichtlich Polen und die Ukraine sein. Deutschland und Frankreich würden demnach von einer geringeren Importabhängigkeit, verbesserten Handelsbilanzen, erhöhter Wertschöpfung und zusätzlichen Arbeitsplätze profitieren. Außerdem werde erwartet, dass der Gaspreis um bis zu sechs Prozent sinken könne. "Schiefergas ist kein neues Thema, weist aber aktuell eine dramatisch hohe Bedeutung und Relevanz auf", sagt Kurt Oswald, Partner im Bereich Energiewirtschaft bei A.T. Kearney und Leiter der Studie.

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