12.05.2017, 08:11 Uhr

Streit um Braunkohle-Rekultivierungskosten

Münster – Mit dem Ende der Braunkohleförderung kommen auf die Kraftwerksbetreiber riesige Rekultivierungskosten zu. Wie schon beim Atomausstieg mehren sich nun die Zweifel daran, dass die eingegangenen Verpflichtungen in der Zukunft auch tatsächlich bezahlt werden können.

Betreiber von Braunkohletagebauen sind für die Folgekosten des Bergbaubetriebs verantwortlich. Die gebildeten Rückstellungen in den Bilanzen zeigen die Höhe der geschätzten finanziellen Verpflichtungen an, die bei Fälligkeit bezahlt werden müssen. Nun mehren sich die Zweifel, ob die Unternehmen dazu tatsächlich in der Lage sein werden.

Experten warnen vor Rekultivierungs-Kosten im Braunkohletagebau

Mit dem Fortschreiten der Energiewende und der lauter werdenden Diskussion um einen Kohleausstieg in Deutschland mehren sich die Zweifel daran, dass die Braunkohleverstromer die Rekultivierung der Braunkohletagebaue werden stemmen können. Bereits im Sommer 2016 warnten das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft sowie das Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) Potsdam in einem Gutachten davor, dass die Höhe der zu erwartenden Zahlungsverpflichtungen durch die Verschlechterung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Konzerne ein erhebliches Problem darstellen kann. Die Stromkonzerne könnten sich zudem durch Insolvenz von Tochterunternehmen oder durch Umstrukturierungen ihren Verpflichtungen entziehen. Darüber hinaus seien die Kostenschätzung und die damit verbundene Rückstellungsberechnung intransparent und nicht nachvollziehbar.

Besonders der Bergbaubetrieb der Lausitz Energie Bergbau AG (Leag) in Brandenburg und Sachsen steht dabei im Fokus der Aufmerksamkeit. Im Herbst 2016 hat der Energiekonzern Vattenfall den Verkauf seiner Braunkohlesparte an die neuen Leag-Besitzer Energetický a Průmyslový Holding (EPH) und der PPF Investments aus Tschechien abgeschlossen. Seitdem hat sich die Diskussion um die Absicherung der zu erwartenden Finanzierungskosten verschärft.

Brandenburg und Sachsen prüfen Risiken für den Steuerzahler – Ergebnis geheim

Das Wirtschaftsministerium in Brandenburg gibt nach einem Bericht der Lausitzer Rundschau nun ein Gutachten in Auftrag, in dem die Risiken für den Steuerzahler durch die kostenintensive Rekultivierung des Braunkohlebergbaus abgeschätzt werden sollen. Die Ergebnisse werden jedoch erst in sechs bis zwölf Monaten vorliegen.

In Sachsen liegt zu diesem Thema bereits länger der Sonderbericht des Sächsischen Rechnungshofes „Festsetzung von Sicherheitsleistungen im Rahmen bergrechtlicher Betriebsplanzulassungen“ vor, der jedoch als vollständig geheim eingestuft ist. Das Vorgehen wird im Landtag heftig kritisiert. „In zwei Dritteln des Berichts geht es um das politische Handeln der Staatsregierung“, so der Abgeordnete Gerd Lippold (Bündnis 90/Die Grünen).

Déjà-vu: Diskussion erinnert an Debatte um Atom-Fondslösung

Die Sorgen um die Finanzierbarkeit der Braunkohle-Rekultivierungsaufwendungen erinnert an die Diskussion um die Verpflichtungen zum Rückbau der Atomkraftwerke (AKW) und Endlagerung des Atommülls Ende 2015. Im Zuge der sich anbahnenden Aufspaltung der Energiekonzerne Eon und RWE warnte der damalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) die Atomkonzerne, sich ihren Verpflichtungen durch Aufspaltungen zu entziehen. Der Bundestag verabschiedete daraufhin das Rückbau- und Entsorgungskostennachhaftungs-Gesetz.

Quelle: IWR Online

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