16.05.2022, 16:44 Uhr

TU Wien patentiert neuen chemischen Langzeit-Wärmespeicher


© TU Wien

Wien – Mit dem rasant steigenden Anteil erneuerbarer Energien nimmt die Bedeutung von Speichern immer weiter zu. Energie langfristig und in großen Mengen zu speichern ist wohl die bisher größte Herausforderung der Energiewende. Das könnte sich dank eines chemischen Speichermediums für den industriellen Wärmesektor ändern.

An der TU Wien wurde ein neuartiger chemischer Wärmespeicher erfunden, mit dem man große Energiemengen auf umweltfreundliche Weise praktisch unbegrenzt lange speichern kann. Wärmeenergie kann danach im Sommer gespeichert und im Winter genutzt werden.

TU Wien patentiert Suspensionsreaktor - das Grundprinzip des chemischen Jahreszeitenspeichers

Die Forschenden an der TU Wien verwenden bei ihrer Speichermethode hohe Temperaturen, um eine chemische Reaktion auszulösen. Dabei entstehen energiereiche chemische Verbindungen, die problemlos und ohne Energieverlust monatelang gelagert werden können. Bei Bedarf lässt sich dann die chemische Reaktion umkehren, dabei wird die zuvor gespeicherte Energie wieder freigesetzt. So kann man etwa Abwärme von Industrieanlagen oder auch Solarwärme im Sommer speichern, um damit den Winter hindurch Gebäude zu heizen. Die chemische Reaktion und der dafür speziell entwickelte Suspensionsreaktor wurden nun von Forschenden der TU Wien patentiert.

Chemische Reaktion: Borsäure unter Wärmezufuhr zu Boroxid

Die Methode der TU Wien beruht auf dem Prinzip der Umwandlung von Wärmeenergie in chemische Energie und wieder zurück. „Es gibt unterschiedliche chemische Reaktionen, die man für diesen Zweck nutzen kann. Wir verwenden etwa Borsäure, ein festes Material, das wir mit Öl vermischen“, erklärt Prof. Franz Winter vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften der TU Wien. „Diese ölige Suspension kommt in einen Reaktor, dessen Wand auf eine Temperatur zwischen 70°C und 200°C aufgeheizt wird.“ Viele Prozesse in der Industrie finden in diesem Temperaturbereich statt, daher ist diese Methode optimal geeignet, um Abwärme von Industrieanlagen zu nutzen, die sonst einfach verlorengehen würde. Man kann solche Temperaturen aber auch einfach erreichen, indem man Sonnenlicht bündelt.

Durch die Hitze kommt es zu einer chemischen Reaktion – so wird etwa Borsäure (H3BO2 in Boroxid (H2BO3umgewandelt und gleichzeitig Wasser freigesetzt. Die ölige Boroxid-Suspension kann man dann in Tanks lagern. Wenn dieser Suspension dann wieder Wasser zuführt wird, läuft die chemische Reaktion umgekehrt als exothermische Reaktion ab, d.h. die gespeicherte Wärme wird wieder freigesetzt. So wird der Kreislauf der Auf- und Entladung geschlossen.

Chemischer Wärmespeicher: Suche nach der optimalen Reaktorgröße

Die Technologie wurde bereits patentiert. Es soll aber noch genauer untersucht werden, wie sie sich am besten und effizientesten anwenden lässt. „Für unterschiedliche Anwendungsbereiche werden unterschiedliche Reaktorgrößen optimal sein“, sagt Winter. „Man muss diese Reaktoren immer als Teil eines Gesamtsystems sehen. Je nachdem, welche Wärmemengen bei welchen Temperaturen etwa in einer Industrieanlage anfallen und welche anderen energietechnischen Einrichtungen es dort bereits gibt, muss man den Prozess optimal anpassen.“

Neben Borsäure können auch andere Chemikalien eingesetzt werden – auch Salzhydrate wurden untersucht. Borsäure und Salzhydrate vereinen gleich mehrere Vorteile: Sie sind kostengünstig und einfach verfügbar, relativ ungefährlich und über viele Zyklen hinweg stabil und können beliebig lange aufbewahrt werden. Die Reaktortechnologie kann auf industrielle Maßstäbe hochskaliert werden. Das verwendete Öl erlaubt optimalen Wärmetransfer und schützt gleichzeitig den Reaktor während der Reaktion und die Feststoffe während der Lagerung.

Der nächste Schritt ist es laut Winter, gemeinsam mit Industriepartnern an dieser Technologie weiter zu forschen.

Quelle: IWR Online

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