04.04.2013, 08:39 Uhr

Wirbel um Greenpeace-Studie zu Kohlekraftwerken

Essen - Der VGB PowerTech, europäischer Fachverband für die Strom- und Wärmeerzeugung, hat die Greenpeace-Studie über die Gesundheitsrisiken von Kohlekraftwerken in Frage gestellt. Der Anteil von Feinstaub aus allen europäischen Kohlekraftwerken betrage nur wenige Prozent der vom Menschen hervorgerufenen Feinstaubemissionen (Staub < 4 Prozent; Feinstaub < 6 Prozent), erklärte der Verband unter Berufung auf Zahlen des Umweltbundesamtes (UBA). Die Greenpeace-Studie "Tod aus dem Schlot - Wie Kohlekraftwerke unsere Gesundheit ruinieren" blende derart wichtige Fakten und weitere wesentliche Erkenntnisse zum Thema Feinstaub aus. Wer so agiere, dem gehe es nicht um eine seriöse Debatte, sondern vielmehr darum, den Energieträger Kohle zu diskreditieren, betont der VGB PowerTech, der eine Kraftwerksleistung von 530.000 Megawatt (MW) vertritt.

Greenpeace: Statistische Zahl von 3.100 Todesfällen

In der Studie von Greenpeace heißt es, dass die 67 Kohlekraftwerke zum Verlust von insgesamt 33.000 Lebensjahren führen. Dies entspreche einer statistischen Zahl von 3.100 Todesfällen. Hinzu komme demnach der Ausfall von etwa 700.000 Arbeitstagen durch Atemwegserkrankungen, Herzinfarkte, Lungenkrebs oder Asthmaanfälle. Giftige Emissionen aus Kohleschloten wie Schwefeldioxid, Stickoxide, Ruß und Staubemissionen bilden in der Luft Feinstaub. Die kleinsten Teilchen dringen beim Einatmen tief in Lunge und Blutgefäße ein und können den Organismus schädigen, heißt es nach der Studie des Umweltverbandes.

Erhebliche Erfolge bei der Emissions-Reduktion

Der VGB PowerTech betont, dass die europäischen Kraftwerksbetreiber durch aufwändige Modernisierungsmaßnahmen bei bestehenden Anlagen sowie entsprechend ausgelegten Neubaukraftwerken beachtliche Erfolge bei der Reduzierung von Emissionen erzielt haben. In den vergangenen zwei Jahrzehnten seien beispielsweise die Gesamtemissionen von Schwefeldioxid (SO2) EU-weit um mehr als 80 Prozent und die von Stickoxiden (NOx) sowie Feinstaub um rund 50 Prozent verringert worden. Diese Werte aus August 2012 stammten von der European Environment Agency. Erhebliche Erfolge z.B. in der Bundesrepublik Deutschland schon vor 1990 seien dabei gar nicht berücksichtigt. Staub-, SOx- und NOx-Emissionen wurden hier laut VDEW zwischen 1980 und 1990 um bis zu 90 Prozent vermindert. Bei den spezifischen Emissionen (Emission pro erzeugter Kilowattstunde Strom) werden die Folgen des Einsatzes modernster Technik noch deutlicher. Hier liegen die Werte heute durchgängig bei weniger als einem Fünftel des Vergleichswertes von 1990.

Abgase aus dem Verkehr und Wohnraumheizungen sind zu berücksichtigen

Der VGB PowerTech hat den TÜV Rheinland Industrie Service GmbH und Professor Dr. Thomas Eikmann (Universität Gießen) mit der Erstellung des "Kompendium zur Gesundheitsrelevanz - Umweltmedizinische Aspekte der Stromerzeugung aus Kohle" beauftragt. Die Experten seien zu dem Schluss gekommen, dass die Luftqualität durch zusätzliche Immissionen aus Kohlekraftwerken praktisch nicht oder nur unwesentlich geändert wird. Für gesundheitliche Risiken seien laut VGB PowerTech nicht die Emissionen, sondern die vom Menschen eingeatmete Schadstoffmenge und ihr Gefahrenpotenzial entscheidend. Nach Expertenansicht seien daher vor allem Abgase aus dem Verkehr und Wohnraumheizungen sowie anderen Industrieprozessen zu berücksichtigen. Wer sich intensiv mit dem Thema Kraftwerksemissionen befasse, so der Kraftwerksverband, der dürfe über solche Erkenntnisse nicht einfach hinweggehen, nur weil sie nicht zu seiner energiepolitischen Agenda passten.


© IWR, 2013