03.04.2013, 15:39 Uhr

Greenpeace: Dreckige Kohlekraftwerke machen krank

Stuttgart, Hamburg – Nach einer aktuellen Studie der Universität Stuttgart im Auftrag von Greenpeace gehen etwa 3.100 vorzeitige Todesfälle in Deutschland und Europa jährlich auf das Konto deutscher Kohlekraftwerke. Die dreckigsten Kraftwerke sind die Braunkohleanlagen Jänschwalde in Brandenburg und Niederaußem in Nordrhein-Westfalen. Die Schadstoffe breiten sich demnach europaweit über tausende Kilometer aus. "Bei Kohlekraftwerken kommt der Tod aus dem Schlot", sagt Gerald Neubauer, Energieexperte von Greenpeace. "Nordrhein-Westfalen und Brandenburg sind die vehementesten Befürworter der Kohleverstromung – damit sind beide SPD-geführten Bundesländer mitverantwortlich für die schweren Gesundheitsfolgen in der Bevölkerung."

Folgen der Kohle: Herzinfarkte, Lungenkrebs und Asthma

Das Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) der Universität Stuttgart hat erstmals die atmosphärische Ausbreitung der Schadstoffemissionen untersucht. Es zeigt auf, welche Gesundheitsschäden die 67 leistungsstärksten deutschen Kohlekraftwerke verursachen. Grundlage für die Berechnungen lieferten Emissionsdaten aus dem Europäischen Schadstofffreisetzungs- und Verbringungsregister für das Jahr 2010 ebenso wie epidemiologische Studien zu den Gesundheitsfolgen von Feinstaub. Die 67 Kohlekraftwerke führten demnach zum Verlust von insgesamt 33.000 Lebensjahren. Dies entspricht einer statistischen Zahl von 3.100 Todesfällen. Hinzu komme der Ausfall von etwa 700.000 Arbeitstagen durch Atemwegserkrankungen, Herzinfarkte, Lungenkrebs oder Asthmaanfälle. Giftige Emissionen aus Kohleschloten wie Schwefeldioxid, Stickoxide, Ruß und Staubemissionen bilden in der Luft Feinstaub. Die kleinsten Teilchen dringen beim Einatmen tief in Lunge und Blutgefäße ein und können den Organismus schädigen.

Energie aus Braunkohle verursacht größte Schäden

Das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde (Brandenburg) war der Studie zufolge im Jahr 2010 für 373 Todesfälle verantwortlich. 269 Todesfälle gehen auf das Konto des anderen großen Braunkohlekraftwerks in Deutschland, Niederaußem (NRW). Unter den zehn schädlichsten Anlagen sind neun Braunkohlekraftwerke. Dennoch befürworten die zuständigen Ministerpräsidenten Hannelore Kraft und Matthias Platzeck (beide SPD) die Braunkohleverstromung. Greenpeace fordert einen vollständigen Ausstieg aus der Kohleverstromung bis zum Jahr 2040. Die besonders schädliche Braunkohle muss bis spätestens 2030 auslaufen. "Um Todes- und Krankheitsfälle zu vermeiden, muss die Politik endlich den Ausstieg aus der Kohle beschließen", sagt Gerald Neubauer. Für die Übergangszeit müssen alle Kohlekraftwerke mit der besten verfügbaren Filtertechnik ausgerüstet werden, um Schadstoffemissionen zu verringern.

Braunkohle-Kraftwerke bleiben vorerst – Steinkohle auf dem Vormarsch

Nach den Daten der Bundesnetzagentur ist in den kommenden Jahren bis 2015 kein nennenswerter Abbau der Braunkohle-Kraftwerkskapazitäten vorgesehen. Im laufenden Jahr 2013 sollen die Kapazitäten um insgesamt 60 MW reduziert werden. Gemessen an den rund 18.000, die derzeit in Betrieb sind, entspricht dies einem Anteil von etwa 0,3 Prozent. Ganz anders sieht es bei der Steinkohle aus. Nach den aktuellen Daten sollen bis 2015 zusätzliche Steinkohle-Kraftwerke mit einer Leistung von knapp 8.000 MW hinzukommen. Wenn gleichzeitig alte Steinkohlekapazitäten mit einer Leistung von knapp 1.600 MW vom Netz gehen, bleibt unter dem Strich ein Zuwachs von etwa 6.400 MW Steinkohle-Kraftwerkskapazität in Deutschland.

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