25.03.2014, 10:44 Uhr

"Welt" kritisiert juwi wegen zu wenig Gewinn

Münster - Die zum Springer-Verlag gehörende Tageszeitung "Die Welt" hat den rheinland-pfälzischen Projektierer für regenerative Energien juwi in ein schlechtes Licht gerückt. In dem Beitrag, der in der vergangenen Woche unter dem Titel "Einstige Ökostrom-Pioniere geraten ins Zwielicht" online gegangen ist, wird dem Familienunternehmen u.a. indirekt vorgeworfen, zu wenig Gewinn gemacht zu haben.

Eine Reihe von Indizien werden herangezogen, die belegen sollen, dass das positive Bild des Ökostrom-Projektierer Kratzer bekommen habe. Dem Unternehmen mache ein Unfall zu schaffen sowie der eigene Hochmut, heißt es zu Beginn des Beitrags. Was ist dran an den Anschuldigungen?

"Hochmut kommt vor dem Fall"

Im vergangenen Jahr veröffentlichte Mitgründer Matthias Willenbacher sein Buch "Mein unmoralisches Angebot an die Kanzlerin", in dem er unter anderem seinen Masterplan für eine schnelle und dabei kostengünstige Umsetzung der Energiewende in Deutschland vorstellt. Wegen dieses Buches mit provokantem Titel wird Willenbacher von der "Welt" des Hochmuts bezichtigt. Und: "Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall". Den Buchfreunden in Deutschland scheint das Thema und die Aufmachung des Buches immerhin zu gefallen: Wenige Tage nach dem Erscheinen tauchte das Werk bereits in der Spiegel-Bestsellerliste auf. Anfang dieses Jahres erschien eine japanische Übersetzung, die englische soll im Sommer folgen.

Laut Welt sei ein Teil der Probleme des Projektierers hausgemacht und nicht auf die Unberechenbarkeit der politischen Energiewende-Pläne zurückzuführen. Die Probleme äußern sich offenbar auch in dem aus Sicht des Autors zu geringen Gewinn: Unter dem Strich sei 2011 ein Nettogewinn von "gerade einmal 12,6 Millionen Euro" geblieben. Als Ursachen für die hausgemachten Probleme werden auch ein Unfall, drohende staatsanwaltliche Ermittlungen gegen Mitgründer Matthias Willenbacher und wütende Bürger aufgzählt, "die wegen eines erhöhten Kollisionsrisikos für Fledermäuse gegen die "Verspargelung" der Landschaft durch Windräder vor Gericht ziehen."

Gravierender Unfall?

Aber der Reihe nach: Welcher Unfall ist gemeint? Bei einer Windenergieanlage auf dem Schneebergerhof in Rheinland-Pfalz ist ein Rotorblatt abgerissen. Es handelt sich um eine neue Großanlage aus dem Hause Enercon. Die E-126 verfügt über eine Leistung von 7,6 Megawatt (MW) und stößt damit in eine neue technologische Dimensionen vor. Bei dem Unfall, der sich nach Einschätzung von juwi als singuläres Schadensereignis erwiesen hat, ist niemand verletzt worden. Auch sei laut juwi kein Fremdschaden eingetreten. Wichtige Kriterien für die Bewertung dieses Unfalls, insbesondere wenn man im Vergleich dazu über die Folgen von möglichen Unfällen an z.B. den alternden Atomkraftwerken weltweit nachdenkt. Die genaue Ursache für das Abreißen des Rotorblattes wird derzeit laut juwi noch vom Hersteller untersucht. Ein neeuer Flügel sei bereits montiert.

Ermittlungen gegen juwi-Gründer Willenbacher

Im Welt-Artikel wird auch aufgeführt, dass derzeit ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft in Erfurt laufe und dass juwi-Mitgründer Willenbacher bald in ein Strafverfahren verwickelt sein könne. Es gehe um mögliche Vorteilsgewährung: Der Ex-Innenminister von Thüringen, Christian Köckert, hatte einen Beratervertrag mit juwi und soll die Firma bei der Vermittlung geförderter Flächen gegen Geld unterstützt haben. Hierzu äußert sich juwi derzeit nicht.

Bürger-Gegenwehr bei Windpark-Projekt in Hessen

Als weiteres Beispiel für die Probleme bei juwi weist die Welt auf einen geplanten Wndpark in Hessen hin. Kritiker würden die Arbeit des Projektierers dort „aggressiv“ nennen. In Neu-Anspach sollten die RWE-Tocher Süwag und die juwi-Gruppe einen Windpark mit fünf Windenergieanlagen errichten, der in der Gemeinde inzwischen auf viel Gegenwind stößt. Laut Welt-Artikel sprechen diese nicht näher genannten Kritiker von einem „Hauruckverfahren“, mit dem juwi Schadensersatzklagen in Millionenhöhe für die Stadt Neu-Anspach riskiere. Kläger soll demnach wohl juwi sein, wenn das Projekt trotz bereits erteilter Genehmiguhgen nicht umgesetzt werden soltle.

Allerdings handele sich eher um "theoretische Ansprüche", so der Bürgermeister Klaus Hoffmann (CDU) gegenüber IWR Online. Wegen der anhaltenden Proteste habe der bisherige Projektpartner Süwag laut Hoffman bereits "kalte Füße" bekommen und ist aus dem Projekt ausgestiegen. Die juwi-Gruppe hält dennoch an dem Projekt fest. In dieser Woche wollen juwi und Hoffmann über das weitere Vorgehen beraten. Geht es nach dem Bürgermeister, soll bald ein Bürgerentscheid für klare Verhältnisse sorgen. Für juwi ist das Neu-Anspacher Projekt trotz des Widerstands eine bürgernahe Umsetzung der Energiewende: Die Bürger der Region seien durch Informationsveranstaltungen und Vor-Ort-Termine frühzeitig und umfassend in die Planung eingebunden gewesen. Die Darstellung, die Stadt riskiere "juristische Niederlagen vor dem Europäischen Gerichtshof mit Schadenersatzklagen in Millionenhöhe", ist aus Sicht von juwi nicht nachvollziehbar.

Was will die Welt bezwecken?

Dies sind nur die Hauptvorwürfe, die in dem umfangreichen Welt-Artikel gegen juwi vorgebracht werden und den Projektierer im Zwielicht stehen lassen. Weitere vermeintliche Indizien, wie zu kurze Versammlungen oder die Unternehmensstruktur werden angeführt. Auch bleibt der Bogenschlag zum inzwischen insolventen Projektierer Prokon, der vor allem wegen der Nutzung des Finanzierungsinstrumentes Genussrechte in die Kritik geraten war, nicht aus. Was die Welt zu der Negativ-Darstellung veranlasst hat, bleibt allerdings unklar.

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