10.11.2016, 10:24 Uhr

Österreich droht mit Klage wegen Strompreiszonen

Wien/Münster – Ende Oktober hat Deutschland überraschend ein Strom-Engpassmanagement zwischen Deutschland und Österreich angekündigt. Österreichs Wirtschaft will zwei Strompreiszonen nicht hinnehmen und droht nun mit Klage.

Ab dem 3. Juli 2018 sollen die Stromübertragungskapazitäten zwischen Deutschland und Österreich im Engpassfall bewirtschaftet werden. Damit sollen Situationen vermieden werden, in denen mehr Strom gehandelt wird, als übertragen werden kann. Österreich fühlt sich überrumpelt, es gebe wesentlich mildere Mittel. Nun will die österreichische Stromwirtschaft klagen.

Österreichische Wirtschaft droht mit Schadenersatzforderungen

Die österreichische Industriellenvereinigung, die Wirtschaftskammer, die EXAA Energy Exchange Austria sowie der Stromversorger Verbund hatten bereits im Vorfeld angekündigt, gegen die europäische Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) für den Fall zu klagen, wenn in der Sitzung vom 8. bis 10. November 2016 eine Entscheidung über die Einführung eines Engpasses an der deutsch-österreichischen Grenze getroffen wird. Die möglichen Kläger haben dazu am 4. November ein Rechtsgutachten an sämtliche europäische Regulatoren sowie die ACER übermittelt, demzufolge Schadenersatzforderungen der geschädigten Marktteilnehmer geltend gemacht werden können.

Mehrheit für Trennung der Preiszonen

Bereits am Abend des 8. November hat das „Board of Regulators“ mehrheitlich einen Entscheidungsentwurf des ACER-Direktors zugestimmt, der eine Trennung der deutsch-österreichische Strompreiszone vorsieht. Die österreichische Regulierungsbehörde E-Control spricht sich dagegen aus und will diese Entscheidung – sobald sie veröffentlicht ist – beim Beschwerdeausschuss der Agentur anfechten. Es ist nun davon auszugehen, dass der Direktor von ACER die endgültige Entscheidung in den nächsten Tagen trifft.

Österreich hält Entscheidung für sachlich falsch - Netzproblematik liegt innerhalb Deutschlands

„Die Entscheidung ist sachlich falsch. Es gibt keinen strukturellen Engpass an der deutsch-österreichischen Grenze, der Engpass liegt innerhalb Deutschlands“, sagt E-Control-Vorstand Andreas Eigenbauer. Aus Sicht der möglichen Kläger ist die Behörde zudem nicht für die Einführung neuer Strompreiszonen zuständig. Gemäß europäischem Recht sei die Entscheidung über neue Preiszonen („bidding zones“) nur im Rahmen des "Bidding Zone Review Prozesses" durch die europäischen Übertragungsnetzbetreiber sowie Mitgliedsstaaten, nicht aber durch die ACER möglich. Österreich beruft sich dabei auf ein Gutachten von Clifford Chance Deutschland LLP.

Verbund: Netzengpässe dürfen nicht an die Landesgrenzen verschoben werden

Auch der österreichischen Energieversorger Verbund verweist auf Studien deutscher renommierter energiewirtschaftlicher Berater (wie Frontier Economics, Consentec oder Energynautics), die eindeutig belegten, dass es derzeit einen Engpass innerhalb von Deutschland, aber nicht an der Grenze zu Österreich gibt. Nach geltendem EU-Recht dürften Netzengpässe nicht an die Landesgrenzen verschoben werden, sondern sollen dort behoben werden, wo sie tatsächlich auftreten.

Quelle: IWR Online

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