BDEW stellt Eckpunkte für ein energiepolitisches Konzept vor
Berlin - Die deutsche Energiewirtschaft hat zu einem neuen Energiebündnis von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft aufgerufen und Eckpunkte für ein entsprechendes energiepolitisches Konzept vorgestellt. Man müsse ohne ideologische Scheuklappen über die Energiepolitik der Zukunft reden so Hildegard Müller, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft. Zudem bekenne sich die Energiebranche zu einer klimafreundlichen, sicheren und bezahlbaren Energieversorgung. Neben knapp 1 400 Gästen werden auf dem BDEW-Kongress, der am 24. und 25. Juni in Berlin stattfindet, unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Präsident der EU-Kommission José Manuel Barroso als Redner erwartet.
"Die Energiewirtschaft strebt eine CO2-neutrale Stromerzeugung bis zum Jahr 2050 an. Voraussetzung dafür ist aber, dass es stabile politische Rahmenbedingungen gibt, die Investitionen fördern und nicht blockieren", betonte BDEW-Präsident Rolf Martin Schmitz. Die Branche bekenne sich klar zum Klimaschutz und sei sich ihrer Verantwortung bewusst, zur Minderung der weltweiten Treibhausgasemissionen beizutragen. "Ein weltweit einheitlicher Handel mit CO2-Emissionszertifikaten und die Verstärkung von JI/CDM-Maßnahmen sollten im Dezember in Kopenhagen vereinbart werden", so Schmitz.
Um eine sichere, bezahlbare und gleichzeitig umweltfreundliche Energieversorgung in Deutschland zu gewährleisten, werde die Energiewirtschaft als "krisenfester Konjunkturmotor" auch weiterhin in moderne Technologien, Kraftwerke und Netze investieren. "Erneuerbare Energien gehören in das Kerngeschäft jedes Energieunternehmens in Deutschland. Neben dem konsequenten Ausbau und der Marktintegration erneuerbarer Energien werden aber auch noch über das Jahr 2020 hinaus Energieträger wie Erdgas, Kohle und Uran - wenn auch mit unterschiedlicher Bedeutung - wichtige Eckpfeiler unserer Energieversorgung bleiben", sagte Schmitz.
Vertreter des Bundesverbands Erneuerbare Energie, der Deutschen Umwelthilfe, des Verbraucherzentraler Bundesverband und des Ökoenergiehändlers LichtBlick kritisierten die Aussagen des Branchenverbandes BDEW. Das energiepolitische Eckpunktepapier "Zukunftsenergie 2020" bewerteten sie als "phantasielos, strukturkonservativ und weder der Klima- noch der Wirtschaftskrise angemessen".
„Beim BDEW ist das krampfhafte Bemühen erkennbar, die von der Mehrheit der Gesellschaft mit großen Hoffnungen begleiteten Branchen der Energiewende zu umarmen und sie gleichzeitig auf ein Nischendasein zu begrenzen", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Wer heute der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken und dem Neubau weiterer Kohlekraftwerke das Wort rede, habe weder die Grundsätzlichkeit des bevorstehenden Systemwechsels in der Energiewirtschaft verstanden noch die Dramatik des Klimawandels. Der Bau neuer Kohlekraftwerke vergrößert die Klimahypothek statt sie abzutragen. Baake erinnerte daran, dass ein Nebeneinander von Atomkraft und Erneuerbaren Energien bei weiterem Zubau großer Wind- und Sonnenenergiekapazitäten auch jenseits der Frage der ungelösten Risiken der Atomenergie nicht möglich sei. Weil alle Bundestagsparteien in ihren aktuellen Wahlprogrammen einen Stromanteil der Erneuerbaren von 35 oder mehr Prozent bis 2020 forderten und danach den weiteren Ausbau wünschten, müsse der verbleibende Kraftwerkspark in der Lage sein, sich flexibel an die unstete Einspeisung von Wind- und Sonnenstrom anzupassen. Baake: "Das geht weder mit großen Kohlekraftwerken noch mit Atomkraftwerken. Früher, als der BDEW wahrhaben will, stehen wir vor einer Systementscheidung: Es geht längst um Entweder-Oder, nicht mehr um Sowohl-Als-Auch, wie der BDEW glauben machen will."
Die bevorstehende Richtungsentscheidung in der deutschen Energiepolitik werde dadurch erschwert, dass der BDEW als "Hauptvertreter der alten Energiewirtschaft" wie gewohnt den künftigen Beitrag von Sonne, Wind, Bioenergie, Wasserkraft und Geothermie unterschätze, erklärte der Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), Björn Klusmann: "Das war schon immer so: Nahezu alle Studien zum Ausbau der Erneuerbaren blieben in der Vergangenheit weit hinter der dann eingetretenen Realität zurück. Tatsächlich können die heimischen Erneuerbaren Energien schon 2020 mit 47 Prozent fast die Hälfte der Stromversorgung decken - vorausgesetzt die Politik entscheide sich für diesen Zukunftspfad und gegen die Konzepte von gestern". Versorgungssicherheit könne es dauerhaft nur mit Erneuerbaren Energien geben, die nach menschlichen Maßstäben unerschöpflich seien. Wer jetzt überkommene Strukturen künstlich verlängere, werde später "immer mehr Milliarden für Kohle, Öl und Gas ins Ausland überweisen müssen."
Weitere Informationen und Meldungen aus der Politik:
© IWR, 2009