23.03.2015, 10:59 Uhr

Atomausstiegs-Kosten: Regierungs-Gutachten für Fonds- statt Rückstellungs-Lösung

Berlin – Durch den Atomausstieg in Deutschland kommen auf die Betreiber der Atomkraftwerke erhebliche Kosten für den Rückbau der Kraftwerke und die Endlagerung des Atommülls zu. Wie ein Gutachten des Wirtschaftsministeriums nun feststellt, sind die Rückstellungen von RWE, E.ON und Co. jedoch kein geeignetes Mittel zur Absicherung dieser Kosten.

Nach Abschaltung der Atomkraftwerke (AKW) müssen diese aufwändig zurückgebaut und das radioaktive Material in einem noch zu bestimmenden Endlager deponiert werden. Dadurch kommen gewaltige Kosten auf die Betreiber zu. Zu diesem Zweck bilden sie Rückstellungen in ihren Bilanzen. Ob diese Rückstellungen ein geeignetes Mittel zur Finanzierung sind, sollte ein Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) klären. Ergebnis: Die Einrichtung eine Fonds wäre besser.

Belassung der Mittel bei den Unternehmen keine gute Lösung

Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass eine externe Fondslösung ein besser geeignetes Mittel zur Abdeckung dieser langfristigen Verbindlichkeiten der Betreiber sei. „Ein langfristiger Finanzbedarf kann durch eine Belassung der Mittel bei den Betreibergesellschaften nicht dauerhaft sichergestellt werden“, heißt es darin. Als rechtssichere und ausgestaltbare Variante zur Sicherung der Finanzierung sei eine Kombinationslösung aus internem und externem Fonds. Die Finanzierung für Stilllegung und Rückbau sollten dabei durch den internen und die Entsorgung der radioaktiven Abfälle durch einen externen Fonds abgedeckt werden. Der externe Fonds sollte in Form einer öffentlich-rechtlichen Stiftung erfolgen, so das Gutachten.

Spaltung könnte die Unternehmen entlasten

Zudem weist das Gutachten darauf hin, dass im Falle nicht ausreichender Rückstellungen die Unternehmen mit ihrem gesamten Vermögen für die Kosten haften. Durch Konzernaufspaltungen, wie jetzt im Falle von E.ON, würden diese Vermögen aber schrumpfen. Somit können die vorherigen Mutterkonzerne nur noch mit einer Frist von fünf Jahren komplett in Haftung genommen werden. Danach würden die kleineren abgespalteten Unternehmen, mit ihrem geringeren Kapital für fehlende Rückstellungen einspringen.

Gabriel bereitet Gespräche mit den Versorgern vor

In einem Schreiben an die Regierungskollegen, welches IWR Online vorliegt, greift der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel (SPD) diese Eckpunkte auf. Gabriel will nun Gespräche mit den Energieversorgern vorbereiten. Dazu sollen Stresstests der Jahresabschlüsse der Betreiber durchgeführt werden, um die Entwicklung der Kernenergie-Rückstellungen zu überprüfen. Zudem soll eine Gewährleistung der Haftung der Unternehmen auch bei Umstrukturierungen untersucht werden. Auch die „Prüfung der Etablierung eines internen oder eines externen Fonds (öffentliche-rechtlichen-Stiftung) zur Sicherung der Kernenergie-Rückstellungen“ sieht der Minister vor.

Rückstellungen sind "nur" Bilanz-Position

Im Rahmen dieser Diskussion kritisiert das IWR-Institut die Verharmlosung des Begriffs "Rückstellungen". Mit dem Wort "Vorsorge", welches in diesem Kontext in der Vergangenheit verwendet wurde, wird dem Bürger verfügbares Kapital suggeriert, das bei den AKW-Betreibern so nicht vorhanden bzw. zurückgelegt wurde. In einer Unternehmens-Bilanz sind Rückstellungen lediglich gebuchte, unbezahlte Rechnungen, deren Höhe - weil unbekannt - geschätzt wird. Diese schon jetzt gebuchten Atomrückstellungs-Rechnungen drücken vorab den Gewinn, Steuern werden gesenkt. Ob und aus welchen Fianzquellen diese Rechnungen später von den Atomkraftwerks-Betreibern tatsächlich cash-wirksam bezahlt werden können, wird erst in der Zukunft entschieden.

Quelle: IWR Online
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