Wie streng sind die Fracking-Regeln der Bundesregierung?
Berlin - Das Bundeskabinett hat nun die Regelungen zum Fracking in Deutschland verabschiedet. Diese seien "streng" und beinhalten Verbote zum Schutz von Trinkwasser, Gesundheit und Natur in bestimmten Regionen sowie weitere "weitgehende Einschränkungen". Die Opposition spricht jedoch von einem "Fracking-Ermöglichungsgesetz".
In der gemeinsamen Pressemitteilung von Bundeswirtschafts- und Bundesumweltministerium heißt es, die Maßnahmen sehen generell weitgehende Einschränkungen für Fracking-Maßnahmen in Schiefer-, Ton-, Mergel- oder Kohleflözgestein vor. Das Paket enthalte zudem ergänzende strengere Regelungen zur konventionellen Erdgas- und Erdölförderung.
Hendricks: Fracking so weit einschränken, dass es keine Gefahr für Mensch oder Umwelt ist
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) erklärte: "Ich bin froh, dass wir nach langer Diskussion endlich Regelungen beschlossen haben für die bislang ungeregelte Fracking-Technologie. Mit diesem Gesetzespaket können wir Fracking so weit einschränken, dass es für Mensch oder Umwelt keine Gefahr mehr ist. Soweit Risiken nicht zu verantworten sind oder derzeit nicht abschließend bewertet werden können, wird Fracking verboten."
Unkonventionelles Fracking nur zur Erprobung und nur ohne wassergefährdende Stoffe
In Schiefer-, Ton- und Mergelgestein sowie in Kohleflözgestein oberhalb von 3.000 Metern Tiefe (sogenanntes unkonventionelles Fracking) wurde die Fracking-Technologie in Deutschland bislang nicht eingesetzt. Es fehlen daher aus Sicht der Regierung ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen über die Auswirkungen von Fracking insbesondere auf den Wasserhaushalt, das Trinkwasser und damit die Gesundheit. Zur Schließung dieser Kenntnislücken sollen zunächst lediglich Erprobungsmaßnahmen zu Forschungszwecken zulässig sein – und auch diese nur, wenn die eingesetzten Frack-Flüssigkeiten nicht wassergefährdend sind. Diese zentralen Verbotsregelungen seien im Wasserhaushaltsgesetz geregelt. Daneben sind für einige Regionen auch absolute Verbote vorgesehen: Hierzu zählen Wasserschutz- und Heilquellenschutzgebiete, Einzugsgebiete von Talsperren und natürlichen Seen, die der Entnahme von Rohwasser für die öffentliche Wasserversorgung dienen sowie Einzugsgebiete von Wasserentnahmestellen für die öffentliche Wasserversorgung. Weitere Verbote sind durch landesrechtliche Vorschriften möglich.
UVP wird bei sämtlichen Fracking-Vorhaben notwendig
Der Gesetzentwurf des Bundesumweltministerium (BMUB) zum Wasser- und Naturschutzrecht wird ergänzt durch Entwürfe des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) für ein Gesetz zur Ausdehnung der Bergschadenshaftung auf den Bohrlochbergbau und Kavernen sowie für eine Verordnung zur Einführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen und über bergbauliche Anforderungen beim Einsatz der Fracking-Technologie und bei Tiefbohrungen. Mit der Verordnung werden die Pflichten zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ausgedehnt und schärfere Regeln zur Bohrlochintegrität, im Hinblick auf die mögliche Verursachung von Erdbeben sowie zur Überwachung bei Erdöl-, Erdgas- und Geothermie-Vorhaben eingeführt. Beim Einsatz von Fracking zur Förderung von Erdöl- und Erdgas – egal ob konventionell oder unkonventionell – und für die Entsorgung von Lagerstättenwasser ist künftig immer eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich. Damit werde umfassende Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung sichergestellt. Zudem werden an die Entsorgung von Rückflüssen und Lagerstättenwasser höchste Anforderungen nach dem Stand der Technik gestellt, teilten die Ministerien mit. Mit dem Gesetz zur Bergschadenshaftung wird zudem die sogenannte Beweislast umgekehrt. Das heißt, dass künftig das Unternehmen, das die Frack-Aktivität ausgeführt hat, nachweisen muss, dass ein entstandener Schaden nicht durch diese Fracktätigkeiten verursacht wurde.
Krischer: Bundesregierung öffnet Tür und Tor für Risiko-Technologie
Die Opposition im Bundestag sieht zu viele Schlupflöcher für das Fracking. Der Vize-Fraktionsvorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion Oliver Krischer nennt das Paket der Bundesregierung ein „Fracking-Ermöglichungsgesetz“. Krischer weiter: „Mit diesem Gesetz öffnet die Bundesregierung Tür und Tor für eine Risiko-Technologie. Auch wenn Umweltministerin Hendricks der Öffentlichkeit etwas anders glauben machen will, dieses Gesetz hat nichts mit einem Fracking-Verbot zu tun. Das Gegenteil ist der Fall.“ Das geplante Fracking-Gesetz eröffne neue Möglichkeiten auf Kosten von Mensch und Natur, noch die letzten Reste von fossilen Brennstoffen aus dem Boden zu pressen, so Krischer Von Verbänden wird zudem kritisiert, dass bei den Erprobungsmaßnahmen zur Forschungszwecken eine Fracking-Kommission entscheiden soll, die überwiegend mit Fracking-Freunden besetzt sei.
DIW-Expertin Kemfert glaubt nicht an Fracking-Erfolg
Energieexpertin Claudia Kemfert vom DIW Berlin bezeichnet das vorgestellte Gesetz als „solide Grundlage“, um die Risiken des Frackings in Deutschland zu minimieren. Sie geht aber davon aus, dass Fracking in Deutschland in der Zukunft keine Rolle spielen wird. Kemfert: „Ohnehin sind die Fracking-Potentiale in Europa, anders als in den USA oder Asien, denkbar gering. Erste Schätzungen in Deutschland gehen davon aus, dass die Potentiale des unkonventionellen Gases, welches mittels Fracking gewonnen werden kann, sehr gering sind. Maximal zehn Jahre könnte der Gasbedarf in Deutschland überhaupt mit Fracking-Gas gedeckt werden, wenn man alle Gasquellen mittels Fracking erschließen würde. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass diese erschlossen werden, vor allem aus Umwelt– und aus Kostengründen.“
Quelle: IWR Online
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