10.04.2015, 10:05 Uhr

Arktische Temperatur steigt um mehr als ein Grad pro Jahrzehnt

Berlin – Zwar werden die Temperaturen auf Spitzbergen gut 1.000 Kilometer vom Nordpol entfernt erst seit 1993 detailliert aufgezeichnet, doch die Entwicklung seither ist alarmierend: Im Jahresmittel haben sich die arktischen Temperaturen um 1,3 Grad Celsius pro Jahrzehnt erhöht.

Insbesondere in den Wintermonaten Dezember, Januar und Februar war die Erwärmung mit 3,4 Grad Celsius pro Dekade besonders ausgeprägt. Diese Daten teilten Wissenschaftler einer deutsch-französischen Forschungsbasis beim Besuch von Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) in Ny-Ålesund auf Spitzbergen (Norwegen) mit. Was zunächst paradox klingt: Die wärmeren Temperaturen in der Arktis können nach Ansicht der Forscher auch zu kälteren Wintern in Europa führen.

Temperaturanstieg verursacht massive Umweltveränderungen in der Arktis

Wanka hat die Forschungsbais AWIPEV besucht, dabei handelt es sich um eine Kooperation des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und des französischen Polarinstituts Paul Émile Victor (IPEV) ist. Wanka erklärte, dass der Klimawandel nirgendwo sonst so sichtbar wäre wie in der Arktis. Das mache die Bedeutung des Forschungsengagements deutlich.

„Der durch unsere langfristigen Messungen belegte Temperaturanstieg von 1,3 Grad Celsius pro Jahrzehnt bewirkt massive Umweltveränderungen in der Arktis. Unsere Forscherinnen und Forscher beobachten auf Spitzbergen, wie das schwindende Meereis und die schrumpfenden Gletscher die Landschaft und das Ökosystem verändern“, kommentierte Karin Lochte, wissenschaftliche Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts, die Forschungsergebnisse.

Arktis im Sommer bald weitestgehend eisfrei?

Die Wissenschaftler des AWI erläuterten haben der Ministerin während ihrer Reise die dramatischen Veränderungen der Meereisbedeckung in der nördlichen Polarregion erläutert. Die sommerliche Meereisbedeckung befindet sich in einem langjährigen Abwärtstrend. Aktuelle Projektionen mit Klimamodellen deuten darauf hin, dass die Arktis ab Mitte des 21. Jahrhunderts während der Sommermonate weitestgehend eisfrei sein könnte.

Arktis erwärmt sich doppelt so schnell wie andere Regionen

Gleichzeitig zeigen die Temperaturaufzeichnungen der letzten Jahrzehnte, dass sich die Arktis sich doppelt so schnell wie andere Regionen der Welt erwärmt. Das komplexe Zusammenspiel von Ozean, Meereis und Atmosphäre führt zu Rückkopplungseffekten, welche die Erwärmung verstärken, heißt es in der Mitteilung des Forschungsministeriums. Wissenschaftler sprechen demnach von der sogenannten ‚Arctic Amplification‘. An der AWIPEV Forschungsbasis in Ny-Ålesund werden seit dem Jahr 1993 atmosphärische Daten erfasst, aus denen sich die eingangs genannte, starke arktische Erwärmung ablesen lässt.

Kältere Winter in Europa durch wärmere Arktis

Zunächst klingt es paradox, aber mit der Erwärmung der Arktis könnte sich die Häufigkeit kalter europäischer Winter erhöhen. Denn mit der Erwärmung scheinen sich auch die wetterbestimmenden Muster in der Atmosphäre und auf den Weltmeeren langfristig zu verändern. So gehörten zum Beispiel die Winter der Jahre 2009/2010 und 2012/2013 zu den kältesten in Mitteleuropa seit den 1960er Jahren. Die intensive Beobachtung und Erforschung atmosphärischer Veränderungen in der Arktis sollen deshalb auch dazu dienen, die Wettervorhersage in mittleren Breiten zu verbessern.

Quelle: IWR Online
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