12.11.2015, 15:09 Uhr

RWE-Aktie knickt nach Zahlenvorlage heftig ein

Essen – Inzwischen sind Kursverluste für Versorgeraktien nach der Vorlage von Quartalszahlen zum Standard geworden. Die Heftigkeit des Aktieneinbruches bei RWE nach der Vorlage der Q3-Zahlen überrascht dennoch.

Die Stammaktie des Essener Energiekonzerns RWE (WKN 703712) gibt im Handel am Donnerstag bislang um 8,99 Prozent auf 11,36 Euro nach (Stand 14:59 Uhr, Börse Stuttgart). Zur Erinnerung: Im Juli kostete das Papier noch mehr als 20 Euro. Analysten sehen die Zahlen des Konzerns zwar im Rahmen der Erwartungen, doch sie befürchten auch, dass die Dividende nun auf der Kippe stehen könne.

Ergebnisse sinken – Erneuerbare als Hoffnungsträger

In den ersten drei Quartalen 2015 hat sich das EBITDA des RWE-Konzerns um sechs Prozent auf 4,4 Mrd. Euro gegenüber dem Vorjahreszeitraum verringert, das betriebliche Ergebnis ist um neun Prozent auf 2,6 Mrd. Euro gesunken. Ausschlaggebend dafür war nach Ansicht von RWE der preisbedingte Margenrückgang in der konventionellen Stromerzeugung.

Stark verbessert habe sich hingegen die Ertragslage im Unternehmensbereich erneuerbare Energien: Das betriebliche Ergebnis von RWE Innogy hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 251 Mio. auf 280 Mio. Euro erhöht. Dazu beigetragen habe vor allem die Inbetriebnahme der neuen Offshore-Windparks Gwynt y Môr vor der Küste von Wales und Nordsee Ost nahe Helgoland. „RWE Innogy startet jetzt richtig durch. Was vor drei Jahren noch ein zartes Pflänzchen war, ist heute ein Erfolgsmodell“, sagte Peter Terium, Vorstandsvorsitzender der RWE AG. „Der Erfolg von Innogy ist Ansporn und Ziel zugleich für unsere anderen innovativen Geschäftsmodelle“, so Terium.

Bereinigtes Nettoergebnis um 29 Prozent eingeknickt

Im Energievertrieb, der europaweit 594 Mio. Euro (Vorjahr: 605 Mio. Euro) zum betrieblichen Ergebnis beisteuerte, wirkte sich die gegenüber dem Vorjahreszeitraum kühlere Witterung positiv auf den Gasabsatz aus. Dem dem standen unerwartet hohe Belastungen durch operative und technische Probleme im britischen Energievertrieb gegenüber.

Einen positiven Einmaleffekt auf das Ergebnis hatte, dass der slowakische Energieversorger VSE seit Ende August vollkonsolidiert wird. Der Bilanzierungsänderung ging eine Neubewertung der Beteiligung voraus, die zur Aufdeckung von stillen Reserven in Höhe von 185 Mio. Euro führte.

Das bereinigte Nettoergebnis (vormals: nachhaltiges Nettoergebnis) ging um 29 Prozent auf 545 Mio. Euro zurück. Neben der deutlich verschlechterten operativen Ertragslage hat dazu auch eine erhöhte Steuerquote beigetragen. Sie dürfte im Jahresabschluss 2015 allerdings deutlich unter dem jetzigen Niveau liegen.

Mehr Strom durch Windenergie und neues Kohlekraftwerk

In den ersten drei Quartalen 2015 hat der RWE-Konzern 154,9 Mrd. Kilowattstunden (kWh) Strom produziert, das sind zwei Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Zuzuordnen ist das unter anderem dem neuen Steinkohlekraftwerk im niederländischen Eemshaven mit einer Kapazität von 1.554 Megawatt (MW), dessen beide Blöcke seit Mai bzw. Juli 2015 im kommerziellen Betrieb sind. Auch der Ausbau der Windkraftkapazitäten und das hohe Windaufkommen trugen zum Anstieg der Stromproduktion bei. Gegenläufig wirkte, dass RWE einige im Fremdeigentum stehende deutsche Steinkohlekraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 2.412 MW nicht mehr nutzt, da die entsprechenden Verträge ausgelaufen sind und nicht verlängert wurden.

Mitarbeiterzahl trotz Rationalisierungsmaßnahmen per saldo unverändert

Zum 30. September 2015 beschäftigte RWE 59.777 Mitarbeiter (umgerechnet in Vollzeitstellen) und damit etwa so viel wie zum Jahresende 2014 (59.784 Mitarbeiter). Als Folge von operativen Veränderungen, insbesondere aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen im Unternehmensbereich Konventionelle Stromerzeugung, haben in den ersten neun Monaten per saldo 1.468 Mitarbeiter den Konzern verlassen. Gegenläufig wirkte die erstmalige Vollkonsolidierung der slowakischen VSE-Gruppe, durch die 1.565 Mitarbeiter zusätzlich erfasst wurden. Der im März abgeschlossene Verkauf von RWE Dea hatte 2015 keinen Einfluss auf den Personalbestand, weil die Beschäftigten des Unternehmens bereits seit Mitte 2014 nicht mehr in den Konzernzahlen berücksichtigt wurden.

Prognose wird erreicht - "möglicherweise nur knapp"

Die Prognose zum diesjährigen Geschäftsverlauf von RWE, die im März veröffentlicht wurde, wird bestätigt, soweit sie sich auf den RWE-Konzern als ganzen bezieht. Für 2015 erwartet der Konzern unverändert ein EBITDA zwischen 6,1 und 6,4 Mrd. Euro und ein betriebliches Ergebnis zwischen 3,6 und 3,9 Mrd. Euro. Auch beim bereinigten Nettoergebnis wird die bislang kommunizierte Bandbreite von 1,1 bis 1,3 Mrd. Euro voraussichtlich erreicht werden, “wenn auch möglicherweise nur knapp”, so der vielsagende letzte Halbsatz der RWE-Mitteilung zu den Quartalszahlen

Dividende in Gefahr?

Ein erster Analystenkommentar zu den Zahlen kommt vom französischen Analysehaus Kepler Cheuvreux. Die Experte dort haben die Einstufung auf "reduce" mit einem Kursziel von zehn Euro nicht verändert. Die rückläufigen Resultate und der Ausblick des Versorgers seien im Rahmen der Erwartungen ausgefallen, schrieb Analyst Ingo Becker. Da der Konzern anders als E.ON vorerst keine Abschreibungen getätigt habe, bleibe die Frage, was zur Jahresbilanz passiere. Zudem sei die Dividendenaussichten nach Einschätzung des Experten von Kepler Cheuvreux „sehr unsicher“. Man rechne mit einer Halbierung der Ausschüttung.

Quelle: IWR Online

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