01.10.2025, 14:39 Uhr

Atomausstieg: Belgien schaltet mit Tihange 1 zweites Atomkraftwerk im laufenden Jahr ab


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Brüssel – In Belgien schreitet der Atomausstieg weiter voran. Zum 1. Oktober 2025 wurde das Atomkraftwerk Tihange 1 mit einer Bruttoleistung von 1.009 MW endgültig stillgelegt. Bereits im Februar 2025 war das AKW Doel 1 abgeschaltet worden, im laufenden Jahr folgt noch die Stilllegung des Zwillings Doel 2.

Von den ursprünglich sieben Atomkraftwerken in Belgien sind nun vier Kernkraftwerke endgültig vom Netz genommen. Am Jahresende produzieren dann nur noch Doel 4 (1.026 MW) und Tihange 3 (1.030 MW) Strom. Für beide Reaktoren liegt eine Laufzeitverlängerung mit staatlicher Subventionierung bis 2035 vor. Die belgische Regierung will das 50 Jahre alte Atomkraftwerk Tihange 1 allerdings noch nicht ganz aufgeben und prüft.

Atomkraftwerk Tihange 1 geht endgültig vom Netz - Doel 2 folgt noch im November 2025

In der Nacht vom 30.09.2025 auf den 01.10.2025 ist das Atomkraftwerk Tihange 1 planmäßig heruntergefahren und abgeschaltet worden. Das Kernkraftwerk wurde am 07.03.1975 erstmals an das Stromnetz angeschlossen und geht jetzt nach 50 Jahren Betriebszeit vom Netz. Eigentlich sollte das Atomkraftwerk bereits nach 40 Jahren den Betrieb einstellen, doch die belgische Regierung hatte eine Verlängerung um 10 Jahre beschlossen.

Die belgische Regierung hofft jedoch auf eine weitere Verlängerungsphase und fordert laut dem Nachrichtensender VRT den Betreiber Engie auf, während der Gespräche über eine mögliche Verlängerung keine unumkehrbaren Arbeiten durchzuführen.

Unterdessen hat der Betreiber Engie laut VRT jedoch mehrfach signalisiert, dass es neben Doel 4 und Tihange 3 keine weiteren Reaktoren betreiben möchte. Neben dem hohen Aufwand für die AKW-Modernisierung steht einer Weiterführung auch der Bau von zwei Gaskraftwerken im Wege, da es zu Netzüberlastungen führen würde.

Bild: Abschaltung des Atomkraftwerks Tihange 1 (1.009 MW brutto) in Belgien - IWR

AKW-Laufzeitverlängerung für Doel 4 und Tihange 3: staatliche Subventionen notwendig

Wenn im November 2025 das Atomkraftwerk Doel 2 stillgelegt wird, verbleiben in Belgien noch die beiden Atomkraftwerke Doel 4 (Bruttoleistung: 1090 MW) und Tihange 3 (Bruttoleistung: 1.089 MW) bis 2035 in Betrieb. Während Doel 4 seit 1985 an das Stromnetz angeschlossen ist, produziert Tihange 3 seit 1985 Strom. Beide Reaktoren mit einer Brutto-Gesamtleistung von ca. 2,1 GW (2.100 MW) erreichen dann ein Alter von rund 50 Jahren.

Der Laufzeitverlängerung vorausgegangen waren seit 2022 Verhandlungen der belgischen Regierung mit der EU-Kommission und dem Betreiber Engie. Im Dezember 2023 hatte die Regierung die Laufzeitverlängerung beschlossen. Am 20. Februar 2025 hat die Europäische Kommission unter den EU-Beihilferechtsvorschriften eine überarbeitete belgische staatliche Subventionierung für die Laufzeitverlängerung der beiden Reaktoren Doel 4 und Tihange 3 genehmigt.

Die Vereinbarung zwischen der belgischen Regierung und Engie wurde am 14. März 2025 abgeschlossen. Umgesetzt wird sie über ein Joint Venture (BE-NUC), an dem der Staat zu 50 Prozent beteiligt ist. Beide Partner bringen Kapital ein und stellen Gesellschafterdarlehen in Höhe von rund 2 Milliarden Euro bereit, um die Verlängerung zu finanzieren. Den anfallenden Atommüll übernimmt der belgische Staat gegen eine Zahlung von Engie in Höhe von 15 Milliarden Euro.

Die Finanzierung der Laufzeitverlängerung erfolgt über einen garantierten Abnahmepreis für den Atomstrom, geregelt über einen CfD-Vertrag (Contract for Difference). Die genaue Höhe des staatlich garantierten Abnahmepreises bzw. der Mindestvergütung (Strike price) für den Atomstrom wurde bisher nicht veröffentlicht. Daher bleibt unklar, wie hoch die tatsächlichen staatlichen Subventionen für die Laufzeitverlängerung der beiden Atomkraftwerke in Belgien am Ende sind.

Quelle: IWR Online

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