26.10.2015, 09:33 Uhr

Deutschland subventioniert Braunkohle-Teilausstieg mit 1,6 Mrd. Euro

Berlin/Essen – In Deutschland werden Braunkohle-Kraftwerke mit einer Kapazität von 2.700 Megawatt aus Klimaschutzgründen vorzeitig vom Netz genommen. Diesen "Teilausstieg" lassen sich die betroffenen Betreiber RWE, Vattenfall und Mibrag mit insgesamt 1,6 Milliarden Euro bis zum Jahr 2020 versüßen. Eigentlich hatte Bundwirtschaftsminister Sigmar Gabriel sich das alles ganz anders vorgestellt.

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) hat sich nun mit den Energieunternehmen Mibrag, RWE und Vattenfall auf die befristete Einrichtung einer Sicherheitsbereitschaft von Braunkohle-Kraftwerken und deren anschließende Stilllegung verständigt. Damit wird ein weiterer Baustein des Energie-Eckpunktepapiers von Juli 2015 umgesetzt, mit dem ein wesentlicher Beitrag zur Erreichung der deutschen Klimaziele für das Jahr 2020 erreicht werden soll.

EU: BMWi hofft, dass Braunkohle-Subvention "beihilferechtlich genehmigungsfähig" ist

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte zu Beginn dieser Diskussion mit einer Klimaabgabe ganz andere Pläne verfolgt, doch massiver Widerstand vor allem von Energiekonzernen und Gewerkschaften haben ihn zum Einlenken bewegt. Nun erklärte er zu den beschlossenen Subventionen: "Die Maßnahme ist wichtig, um unsere Klimaziele zu erreichen und zugleich sicherzustellen, dass es in den betroffenen Regionen nicht zu Strukturbrüchen kommt. Damit ist sie für Beschäftigte und Unternehmen eine gute und tragbare Lösung."

Der Gesetzentwurf zur Ausgestaltung der Maßnahme soll im November im Bundeskabinett beschlossen werden. Das BMWi hat das Konzept gemeinsam mit den betroffenen Unternehmen erarbeitet. Der Gesetzentwurf zur Ausgestaltung der Maßnahme wurde auch intensiv mit der Europäischen Kommission besprochen. Auf dieser Grundlage ist das BMWi zuversichtlich, dass diese Maßnahme beihilferechtlich genehmigungsfähig ist und in dem laufenden formellen Verfahren abschließend geklärt werden kann.

Stromkunden zahlen: Netzentgelte steigen um rund 0,05 Cent pro kWh

Braunkohleblöcke der Unternehmen Mibrag, RWE und Vattenfall mit einer Gesamtleistung von 2,7 Gigawatt werden mit dieser Maßnahme ab 2016 schrittweise aus dem Markt genommen und vorläufig stillgelegt. Für jeweils vier Jahre werden sie als letzte Absicherung der Stromversorgung verwendet. Danach werden die Blöcke endgültig stillgelegt. Insgesamt stehen in Deutschland Braunkohle-Kraftwerke mit einer Leistung von etwa 23.000 MW Leistung (Stand: 2013). Die Betreiber der stillzulegenden Anlagen erhalten für die Herstellung der Sicherheitsbereitschaft und für die Stilllegung der Anlagen eine Vergütung. Dafür fallen Gesamtkosten in einer Größenordnung von rund 230 Mio. Euro pro Jahr über sieben Jahre an. Dies bedeutet einen Anstieg der Netzentgelte um rund 0,05 Cent pro Kilowattstunde (kWh).

Die insgesamt 2.700 MW Braunkohlekraftwerke sollen eine Emissionsminderung von 11 bis 12,5 Mio. Tonnen CO2 im Jahr 2020 bringen. Dieser Minderungsbeitrag ist laut BMWi nötig, um Deutschlands nationale Klimaziele zu erreichen. Die verbleibenden Minderungsbeiträge liefern zwei weitere Bausteine aus dem energiepolitischen Eckpunktepapier vom 1. Juli: Die Kraft-Wärme-Kopplung (4 Mio. t CO2) sowie Maßnahmen im Bereich der Energieeffizienz (5,5 Mio. t CO2). Die genaue Entwicklung der Emissionsminderung wird im Jahr 2018 evaluiert. Sollte sich abzeichnen, dass die angestrebte Minderung von zusätzlich 12,5 Mio. t CO2 bis 2020 nicht erreicht wird, werden die Betreiber geeignete zusätzliche Maßnahmen vorschlagen.

Terium: Energiewende darf Unternehmen, Beschäftigte und Regionen nicht überfordern

RWE wird in diesem Rahmen fünf Blöcke mit 1.500 MW in diese „Sicherheitsbereitschaft“ nehmen. Die Sicherheitsbereitschaft der von RWE gemeldeten Anlagen der 300-MW-Klasse beginnt für die Blöcke P und Q in Frimmersdorf am 1.10.2017, für die Blöcke E und F in Niederaußem am 1.10.2018 sowie für den Block C in Neurath am 1.10.2019. Nach Ablauf von jeweils vier Jahren sollen die Anlagen endgültig stillgelegt werden. Peter Terium, Vorstandsvorsitzender der RWE AG, erklärte: „Mit der jetzt gefundenen Lösung werden unsere Braunkohlenkraftwerke einen großen Anteil zu der zusätzlichen CO2-Minderung von 12,5 Millionen Tonnen beisteuern. Zugleich bedeutet das aber einen tiefen Einschnitt, der unserem Unternehmen und unseren Mitarbeitern eine Menge abverlangt. Schließlich wird unsere Stromerzeugung aus rheinischer Braunkohle um rund 15 Prozent zurückgehen.“ Für RWE stehe außer Frage, die Energiewende konstruktiv mitzugestalten, so der Vorstandsvorsitzender. Dieser Wandel müsse ohne Strukturbrüche erfolgen. Er dürfe Unternehmen, deren Beschäftigte und die betroffenen Regionen nicht überfordern, erklärte Terium.

Die RWE-Aktie legt im Handel am Montagmorgen bislang um 0,4 Prozent auf 12,98 Euro zu (Stand 9:07 Uhr, Xetra-Handel).

Quelle: IWR Online

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