03.03.2020, 12:36 Uhr

E-Transporter Streetscooter am Ende


© Deutsche Post DHL Group

Bonn - Die Deutsche Post DHL Group hat im Zuge der Veröffentlichung der vorläufigen Geschäftszahlen für 2019 bekannt gegeben, dass die Produktion des Elektrotransporters Streetscooter beendet wird. Die aktive Suche nach einem Partner für das ehemalige Start-Up an der RWTH Aachen soll eingestellt werden.

Im Jahr 2014 hat die Deutsche Post den Start-Up-Hersteller von Elektrotransportern Streetscooter übernommen. Neben dem Stammsitz in Aachen wurde im Mai 2018 ein weiteres Werk in Düren in Betrieb genommen. Eine größere Version des Streetscooters wird zudem in den Fordwerken in Köln produziert. Jetzt hat die Post im Rahmen der Veröffentlichung der Geschäftszahlen das Aus für die Produktion des beliebten Elektrotransporters bekannt gegeben. Heftig kritisiert wird diese Entscheidung von Prof. Dr. Günter Schuh, einen der Mitgründer des Start-Ups im Umfeld der RWTH-Aachen.

Produktion des Streetscooters wird beendet, Suche nach neuem Partner wird eingestellt

Im Jahr 2019 hat der Elektrotransporter Streetscooter der Deutschen Post DHL Group nach Angaben von Konzernchef Frank Appel einen Verlust von rd. 100 Millionen Euro gemacht. Vor dem Hintergrund der aktuellen weltwirtschaftlichen Unsicherheiten im Zuge des Coronavirus und der schwer einzuschätzenden Auswirkungen des Corona-Virus auf den Geschäftsverlauf in 2020 hat sich die Deutsche Post DHL Group entschlossen, die Produktion des Elektrotransporter im Laufe des Jahres 2020 zu beenden und die Sondierungen für eine Partnerschaft zu den Streetscooter-Aktivitäten nicht aktiv weiter zu verfolgen. Stattdesssen will sich der Logistikkonzern auf den Betrieb der aktuellen Streetscooter-Bestandsflotte konzentrieren.

„Wir haben immer gesagt, dass wir kein Autohersteller sein wollen. Eine weitere Skalierung ohne den richtigen Partner entspricht nicht unserer langfristigen strategischen Zielsetzung“, so Post CEO Appel. Die Umstellung der Flotte auf E-Mobilität soll unabhängig von der Entscheidung zur Beendigung der Streetscooter-Aktivitäten weiter vorangetrieben werden. „Wir stehen zu unserer Mission 2050, das heißt Null-Emissionen-Logistik bis 2050“, so Appel weiter. Die Auslieferung von Fahrzeugen werde sich noch bis ins nächste Jahr ziehen - diese seien aber vor allem für eigenen Bestand gedacht. Durch das Ende der Streetscooter-Produktion rechnet der Logistikriese im laufenden Jahr mit Belastungen zwischen 300 bis 400 Millionen Euro. Betroffen von dem Produktionsende sind die Streetscooter Standorte Aachen, Düren sowie in Köln, wo das Unternehmen in Zusammenarbeit mit Ford eine große Version des Elektrotransporters baut.

Streetscooter Mitgründer: Ende von Streetscooter ist Armutszeugnis für Deutschland

Der ehemalige Streetscooter Mitgründer Prof. Günther Schuh und Geschäftsführer des Elektromobil-Start-Ups e.GO kritisiert in einem Gastkommentar für das Handelsblatt die Entscheidung der Deutschen Post mit deutlichen Worten. Um den Auftrag zu bekommen, habe der DHL Group damals eine Beteiligung an Streetscooter angeboten werden müssen. Um die Kontrolle zu haben und schnell zu sein, habe die Post nach der Due Diligence sogar die Mehrheit an Streetscooter gewollt, so Schuh im Handelsblatt. Was dann folgte, sei die Inkarnation der Langsamkeit gewesen. Zudem seien Amateure eingesetzt worden, die Bestellungen der eigenen Post-Flotte minimiert und jegliche Verbesserung verboten worden. Die Deutsche Post DHL habe nur auf eine Gelegenheit gewartet, das Geschäft unter einem Vorwand einzustellen, der nun in dem Coronavirus gefunden wurde, so Schuh weiter, der für den Industriestandort Deutschland einen mangelnden Willen ausmacht, das vermeintlich Unmögliche doch zu schaffen. Auch Streetscooter hatte Unmögliches geschafft, immerhin habe es acht Jahre danach immer noch keinen adäquaten Wettbewerber gegeben. Aber Streetscooter sei weder eine ausreichende Finanzierung noch ein realistischer Zugang zum Kapitalmarkt gewährt worden, kritisiert Schuh im Handelsblatt.

Quelle: IWR Online

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