08.03.2012, 12:52 Uhr

Fukushima-Ruine: Die Angst vor einem neuen Beben

Mainz, Tokio, Münster – Ein Jahr nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima hat das ZDF in der Sendung "Die Fukushima-Lüge" die Hintergründe des Atomunfalls dokumentiert und einen Ausblick gegeben. In einem Gespräch mit einem amerikanischen Inspektions-Ingenieur, der in Fukushima gearbeitet hat, wird aufgezeigt, dass Tepco bereits früher auch schwerste Zwischenfälle offensichtlich immer wieder vertuscht hat. So wurde etwa im Atomkraftwerk Fukushima ein großer Riss gefunden und der Dampftrockner falsch herum eingebaut. Videomaterial, das die Zustände dokumentieren sollte, musste auf Anweisung wieder gelöscht werden, heißt es in dem ZDF-Bericht. Nach dem Ergebnis einer Untersuchungskommission zum Reaktorunfall im letzten Jahr kommt nun heraus, dass der Atomkonzern Tepco Wartungsberichte gefälscht, Zwischenfälle vertuscht und sogar eine Kernschmelze in Fukushima 30 Jahre lang verheimlicht hat.

Das mächtige "Atomdorf" in Japan

Ein japanischer Atomingenieur des Atomkraftwerks Fukushima berichtet von einer großen, einflussreichen und mächtigen Gruppe mit dem Namen "Atomdorf". Die Gruppe, bestehend aus Tepco, der Regierung und Wissenschaftlern, trifft alle wichtigen Entscheidungen. Der zurückgetretene japanische Ministerpräsident Naoto Kan berichtet, dass die Ursache für das Atomunglück in fehlenden Vorkehrungen liegt, die vor dem 11. März 2011 von den Verantwortlichen hätten getätigt werden müssen. In den letzten 10, 20 Jahren habe es zudem vielerlei Unterdrückungen von Äußerungen in Bezug auf die Gefahren der Kernenergie gegeben, so Kan im ZDF-Gespräch. Wissenschaftler hätten keine Karrierechancen, wenn sie sagen, dass Gefahren im Zusammenhang mit der Kernenergienutzung bestehen können und Politiker erhalten großzügige finanzielle Unterstützungen von den Energieunternehmen, wenn man der Kernenergie zustimmt, so der ehemalige Ministerpräsident. Das gelte auch für die Kultur, den Sport, etc. Alle seien in dem "Atomdorf gefangen", so Kan. Der Ministerpräsident Kan hat Tepco wohl von Anfang an nicht geglaubt und erhebt schwere Vorwürfe gegen den Konzern. So ist heute klar, dass die Kernschmelze in drei Reaktoren schon am Abend des 11. März 2011 erfolgte. In dem Tepco-Bericht und der Atomaufsichtsbehörde sei zunächst mit keinem Wort erwähnt worden, dass Brennstäbe beschädigt wurden oder es zu einer Kernschmelze kam.

Angst vor neuen Beben und fehlende Fachkräfte

Derzeit wird versucht, dass zerstörte Atomkraftwerk unter Kontrolle zu halten. Die große Sorge sei aber, dass es bald keine Fachkräfte mehr gibt, die in dem zerstörten Kraftwerk arbeiten können. Die meisten qualifizierten Facharbeiter würden demnächst die Strahlen-Höchstdosis erreichen und könnten dann nicht mehr eingesetzt werden. Das größte Risiko sei derzeit aber, dass das Gebäude des Reaktors 4 stark beschädigt worden ist und im Abklingbecken noch etwa 1.300 Brennstäbe im 4. Stock lagern und im 5. Stock schwere Maschinen stehen, so ein japanischer Atomingenieur. Wenn es wieder ein starkes Erdbeben gibt, dann könnte das Gebäude zusammenbrechen und erneut eine Kettenreaktion unter freiem Himmel auslösen. Ein Arbeiten auf dem Gelände wäre dann unmöglich und die Reaktoren 1,3,5 und 6 könnten außer Kontrolle geraten.


© IWR, 2012