Habeck in Norwegen: Energiepartnerschaft wird um Wasserstoff-Pipeline erweitert
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Berlin - Norwegen war bereits vor dem Lieferstopp für russisches Erdgas ein wichtiger Energiepartner von Deutschland. Neben der 2021 in Betrieb genommenen Stromverbindung Nordlink bestehen drei Pipelines für den Gastransport. In Zukunft soll eine Pipeline für den Transport von Wasserstoff hinzukommen.
Die Bundesregierung arbeitet vor dem Hintergrund der Energiekrise und der Bemühungen um den Klimaschutz mit Hochdruck an der Diversifizierung der Energieversorgung. Zu den zentralen Partnerländern gehört Norwegen, das neben Erdgas künftig auch Wasserstoff liefern wird. Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck ist daher zu energiepolitischen Gesprächen nach Norwegen gereist. Auf der Agenda steht unter anderem der Bau einer Pipeline, über die grüner Wasserstoff transportiert werden soll. Im ersten Schritt soll als Brückentechnologie jedoch blauer Wasserstoff auf der Basis von Erdgas durchgeleitet werden.
Wasserstoff: Energiekooperation auf dem Weg zur Klimaneutralität wird gestärkt
Im Mittelpunkt der Gespräche zwischen Robert Habeck und der norwegischen Regierung steht der Aufbau einer klimaneutralen Energieversorgung, insbesondere die Herstellung und Lieferung von Wasserstoff und die Dekarbonisierung energieintensiver Industriebranchen. Dazu verstärken Deutschland und Norwegen ihre Energiekooperation und weiten sie aus. Entsprechende Erklärungen wurden heute (05.01.2023) im Rahmen der Norwegen-Reise unterzeichnet.
In einer Joint Declaration vereinbaren Norwegen und Deutschland eine strategische Partnerschaft in den Bereichen Klima, erneuerbare Energien und grüner Industrie. Im Joint Statement zu Wasserstoff bekräftigen Norwegen und Deutschland ihre gemeinsame Absicht, bis 2030 eine großflächige Versorgung mit Wasserstoff und das Ziel, die dafür notwendige Infrastruktur von Norwegen nach Deutschland aufzubauen.
Konkret verhandelt wird eine Wasserstoff-Pipeline von Norwegen nach Deutschland, die so geführt wird, dass die großen Offshore-Windparks, die gebaut werden, ebenfalls dort einspeisen können. Über Elektrolyseurkapazitäten an den Offshore-Windparks könnte der erzeugte Offshore-Windstrom dann direkt für die Produktion von grünem Wasserstoff verwendet werden, der in die Pipeline eingespeist wird. Ein auf diesem technischen Grundprinzip basierendes Pilotprojekt läuft derzeit in Frankreich.
Solange die großen Mengen an grünem Wasserstoff, die benötigt werden, noch nicht verfügbar sind, soll blauer Wasserstoff auf Erdgasbasis in die Pipeline eingespeist werden. Blauer Wasserstoff ist dadurch gekennzeichnet, dass das fossile CO2 abgeschieden und eingespeichert wird. Nach und nach soll dann auch grüner Wasserstoff in die gleiche Pipeline eingespeist werden. Nach Angaben von Habeck soll das Projekt jetzt in Gang gesetzt werden, so dass bis zum geplanten Kohleausstieg in Westdeutschland im Jahr 2030, ausreichend Wasserstoff-Kapazitäten inkl. der benötigten Elektrolyseure aufgebaut werden können.
„Norwegen ist heute unser wichtigster Energielieferant und soll es auch auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft bleiben. Heute beziehen wir den Großteil unseres Erdgases aus Norwegen, in Zukunft wollen wir zunehmend Offshore-Windenergie und Wasserstoff importieren; zunächst blauen, dann immer mehr grünen Wasserstoff. Dafür gilt es jetzt gemeinsam, eine europäische Netz- und Wasserstoffinfrastruktur aufzubauen und die Produktion anzuschieben“, so Habeck.
Grüner Strom: Stromleitung NordLink zwischen Deutschland und Norwegen seit 2021 in Betrieb
Seit März 2021 ist die Strom-Seekabelverbindung NordLink zwischen Norwegen und Deutschland in Betrieb. Der Interkonnektor hat eine Kapazität von 1.400 MW und dient auch dem Stromaustausch zwischen deutscher Windenergie und norwegischer Wasserkraft. Baubeginn der 623 km langen Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) war im Jahr 2016. Die Konverterstationen stehen in Wilster (Schleswig-Holstein) und Tonstad, südöstlich von Stavanger (Norwegen). An diesen Standorten wird der Strom von Gleich- in Wechselstrom (bzw. umgekehrt, je nach Übertragungsrichtung) umgewandelt und in das deutsche bzw. norwegische Übertragungsnetz eingespeist, um Haushalte und Unternehmen mit Strom zu versorgen. Das grüne Stromkabel dient nicht dazu, Windstrom in norwegischen Speicherbecken zwischenzuspeichern. Vielmehr fließt der Strom in die Richtung mit dem niedrigsten Preis. Fließt Strom von Deutschland nach Norwegen, wird die Stromerzeugung aus Wasserkraft in Norwegen reduziert und die Speicherseen werden geschont.
Erdgas: Erste Gaspipeline zwischen Norwegen und Deutschland seit 1977 in Betrieb
Der Transport von norwegischem Erdgas nach Deutschland hat bereits eine lange Tradition: Im Jahr 1977 wurde erstmals über die rund 440 km lange Norpipe-Gasleitung norwegisches Erdgas zum Terminal nach Emden geliefert. Im Jahr 1995 wurde dann die rund 620 km lange Pipeline Europipe 1 in Betrieb genommen, über die norwegisches Erdgas von der Draupner-Plattform bis nach Dornum in Ostfriesland transportiert wird. Als dritte Pipeline ist 1999 die rund 660 km lange Europipe 2 Leitung in Betrieb gegangen, die im deutschen Küstenbereich parallel zu Europipe 1 verläuft. Mit dem Lieferstopp für russisches Erdgas haben die norwegischen Pipelines weiter an Bedeutung gewonnen.
Quelle: IWR Online
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