06.08.2013, 15:45 Uhr

Kohlekraftwerke im Dauereinsatz: Stromexport steuert auf neuen Rekord zu

Münster – Deutschland hatte einstmals den Titel als Exportweltmeister inne – in Bezug auf Energie ist der Begriff aber immer noch zutreffend. Im laufenden Jahr soll die Strom-Ausfuhr die Rekordmarke von 30 Terrawattstunden (TWh) überschreiten. Die überschüssige Energie kommt aus Kohlekraftwerken, was die deutschen CO2-Emissionsziele in Gefahr bringt.

2012 war bereits ein Rekordjahr für die deutschen Stromproduzenten: 23,1 TWh, eine noch nie dagewesene Menge, führten sie ins Ausland aus. Das entspricht mehr als der Jahresproduktion von vier großen Kohleblöcken. Und die Jagd der Höchstmarken geht weiter: Wie aus einer Analyse der Deutschen Umwelthilfe (DUH) hervorgeht, nahm der Exportsaldo im ersten Halbjahr 2013 noch einmal um knapp 50 Prozent auf 14,8 TWh zu. Das European Network of Transmission System Operators for Electricity (ENTSO-E) kam bereits für die ersten fünf Monate auf ähnliche Zahlen. Gleichzeitig sank der inländische Verbrauch leicht um 1,6 Prozent auf 260,1 Mrd. kWh, wie aus Daten des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hervorgeht.

Kohle-Kapazitäten werden ausgebaut

Gleichzeitig blieb die Erzeugung aus erneuerbaren Quellen im ersten Halbjahr wegen der geringeren Erträge aus der Windkraft leicht zurück, der Beitrag der Atomkraft blieb annähernd stabil. Nur fossile Energieträger legten laut BDEW 12,4 Prozent auf 120,2 TWh zu. Nach Angaben der DUH stieg der Beitrag aus Braunkohle um 11,7 Prozent und aus Steinkohle um 20,4 Prozent. Angesichts der momentan günstigen CO2-Emissionszertifikate rechnet sich das Verfeuern des klimaschädlichen Energieträgers für die Versorger.

Das hat allerdings zur Folge, dass die als relativ klimaschonenden Gaskraftwerke immer häufiger still stehen. Die Produktion brach hier um 24,1 Prozent ein. Einen ähnlichen Effekt gibt es laut DHU im Ausland, wo nach Ansicht des Verbands Gaskraftwerk mit dem günstigen Kohlestrom aus dem Markt gedrängt würden. Eine Entspannung ist nicht in Sicht, denn im laufenden Jahr sollen laut Bundesnetzagentur per Saldo 4.040 MW Steinkohle-Kapazität neu ans Netz gehen.

Emissionsziele in Gefahr

„Der Detailvergleich zeigt, dass die erneut kräftig gestiegenen Stromexporte allein aus klimaschädlichen Kohlekraftwerken stammen“, sagt Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse der DUH. „Das Gerede vom Ökostrom-Überschuss ist ein Märchen. Was wir stattdessen erleben, ist ein neuer Kohleboom und damit einen Anstieg der nationalen Treibhausgasemissionen.“

Im Ergebnis entferne sich Deutschland bei den nationalen CO2-Emissionen vom Zielpfad der Bundesregierung für das Jahr 2020 (40 Prozent Treibhausgasreduktion im Vergleich zu 1990). Im Jahr 2012 lag der CO2-Ausstoß schon 78 Mio. Tonnen über dem Zielpfad. Allein 65 Mio. Tonnen seien dabei dem Stromsektor zuzurechnen.

Trotz Energiewende: Versorger setzen auf Kohlestrom


© IWR, 2013