Mehr Klimaschutz notwendig - Urteil gegen den niederländischen Staat erwartet
© Fotolia
Den Haag – Die niederländische Umweltorganisation Urgenda hat zunächst erfolgreich gegen den niederländischen Staat geklagt, weil dieser zu wenig gegen den Klimawandel im eigenen Land unternimmt. Die Regierung klagt nun gegen das Urteil des Berufungsgerichts, weil sie das Thema Klimaschutz bei der Politik sieht und nicht bei den Gerichten. Eine Entscheidung fällt im Dezember 2019.
Es ist ein weiterer Meilenstein in der niederländischen Rechtsprechung zum Thema Klimaschutz. Das Urteil des Berufungsgerichts Den Haag, wonach der niederländische Staat die Treibhausgasemissionen bis Ende 2020 um mindestens 25 % gegenüber 1990 reduzieren muss, kann beibehalten werden, so der Generalstaatsanwalt und der Generalanwalt in ihren heutigen (13.09.2019) Schlussanträgen.
Klimaschutz light: Umweltorganisation Urgenda klagt gegen niederländischen Staat
Im Jahr 2015 erzielte die Umweltorganisation Urgenda ein historisches Urteil, wonach der niederländische Staat deutlich mehr gegen den Klimawandel unternehmen muss. Die niederländische Regierung sah in dem Urteil eine Kompetenzüberschreitung. Das erstinstanzliche Urteil wurde jedoch in der Berufungsverhandlung im Oktober 2018 überraschend bestätigt, ein Sieg für Urgenda. Die niederländische Regierung verletze die Fürsorgepflicht der Bürger und handle gesetzeswidrig, urteilte das Gericht im letzten Jahr. Daraufhin ging die Regierung in die Revision beim Obersten Gerichtshof.
Staat und Umweltorganisation – unterschiedliches Tempo beim Klimaschutz
Eine wichtige Ursache für die schnelle globale Erwärmung ist die Emission von CO2 und anderen Treibhausgasen in die Atmosphäre. Dies birgt große Gefahren für das Leben auf der Erde. Die Urgenda Foundation und der Staat sind beide der Meinung, dass die Treibhausgasemissionen reduziert werden sollten, unterscheiden sich aber im Tempo. Der Staat hat sich im EU-Kontext das Ziel gesetzt, bis 2020 eine Reduktion von 20 Prozent gegenüber den Emissionen von 1990 zu erreichen, die Umweltorganisation fordert eine Senkung um mindestens 25% bis 2020 gegenüber dem Stand von 1990.
Gericht kann Bürgern auch Rechtsschutz gegenüber dem Staat bieten
Das Gericht stützte sein Urteil auf die rechtlichen Verpflichtungen des Staates zum Schutz des Lebens und des Familienlebens von Bürgern in den Niederlanden. Diese Verpflichtungen sind in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten festgelegt. Der Staat bestreitet allerdings das Bestehen eines Rechtsstaates, der ihn verpflichtet, die Anforderungen an die Emissionsbegrenzung für 2020 zu erfüllen. Die niederländische Regierung ist der Ansicht, dass es sich um ein Thema handelt, das besser von der Politik (dem Gesetzgeber) als von den Zivilgerichten entschieden wird. Das Gericht stellt allerdings klar, dass ein Richter den Umfang der Menschenrechtsverpflichtungen des Staates bestimmen kann. Das Gericht muss Rechtsschutz bieten, auch in Fällen gegen die Regierung, und unmittelbar wirksame Bestimmungen der Verträge anwenden, bei denen die Niederlande Vertragspartei sind. Generalstaatsanwalt Langemeijer und Generalanwalt Wissink halten diesen Ausgangspunkt des Gerichts in ihrer heutigen Stellungnahme für richtig.
Über die Empfehlungen des Generalstaatsanwalts
Die Stellungnahme des Generalstaatsanwalts ist eine unabhängige Beratung des Obersten Gerichtshofs, der jedoch frei darüber entscheiden kann, ob er dieser Empfehlung folgt oder nicht. Die Autoren der Stellungnahme sind Mitglieder der Staatsanwaltschaft des Obersten Gerichtshofs. Diese Staatsanwaltschaft gehört nicht zur Staatsanwaltschaft, sondern ist ein unabhängiger Teil der niederländischen Justiz.
Quelle: IWR Online
© IWR, 2019