16.12.2025, 15:04 Uhr

Eine nationale Stromgebotszone soll bleiben: Bundesregierung legt Aktionsplan vor und widerspricht Expertenempfehlungen


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Berlin - Mit dem neuen „Aktionsplan Gebotszone“ bekräftigt die Bundesregierung ihren Kurs für den Erhalt der einheitlichen deutsch-luxemburgischen Stromgebotszone. Damit stellt sie sich gegen eine Studie des Verbands der europäischen Stromnetzbetreiber sowie die Empfehlungen der Expertenkommission zum Energiewende-Monitoring.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie reagiert auf den Vorschlag einer Aufteilung des deutschen Strommarkts in mehrere Preiszonen mit einem Maßnahmenpaket gegen Netzengpässe. Während die Bundesregierung auf einheitliche Preise und eine hohe Liquidität des deutschen Strommarkts setzt, betont die Expertenkommission zum Energiewende-Monitoring in ihrem aktuellen Bericht, dass regional differenzierte Börsenstrompreise ein wichtiger Effizienzhebel für eine wirtschaftlich tragfähige Energiewende sind.

Aktionsplan Gebotszone: Einheitlicher Strompreis für ganz Deutschland als industriepolitisches Signal

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) hat am 15. Dezember 2025 den „Aktionsplan Gebotszone“ veröffentlicht und damit formell entschieden, die einheitliche deutsch-luxemburgische Stromgebotszone beizubehalten. Die Veröffentlichung des Aktionsplans ist laut Bundeswirtschafts- und Energieministerium eine direkte Reaktion auf eine Studie des Verbands der europäischen Übertragungsnetzbetreiber, der Deutschland darin nahegelegt hatte, seine Stromgebotszone in fünf Gebiete aufzuteilen.

Die Bundesregierung hält in ihrem Aktionsplan nun dagegen: Ein einheitlicher Börsenstrompreis sichere weiterhin, dass „alle deutschen Verbraucher von den jeweils besten Erzeugungsbedingungen innerhalb der großen Gebotszone profitieren und auch in Zukunft von der hohen Liquidität des deutschen Strommarkts Gebrauch machen können“. Zudem verweist das BMWE auf übergeordnete Gründe, die gegen eine Neukonfiguration der Stromgebotszone sprechen. Sie würde die Investitionsunsicherheit in der Energiewirtschaft deutlich erhöhen, zu regionalen Kostenunterschieden für Endverbraucher führen, die Wirtschaftlichkeit von Erzeugungsanlagen in einigen Regionen infrage stellen und industriepolitisch komplexe Fragestellungen aufwerfen, in einer Zeit, in der sich die europäische Industrie fundamentalen Herausforderungen gegenübersieht. Auch der Koalitionsvertrag bekräftige ausdrücklich das Festhalten an der bestehenden Marktstruktur, so das Ministerium.

Der Aktionsplan selbst setzt daher auf Alternativen zur Marktaufspaltung. Vorgesehen sind in dem Aktionsplan Maßnahmen zur Erhöhung der Übertragungskapazitäten, zur Optimierung des Engpassmanagements sowie zur besseren Abstimmung von Netz, Erzeugung, Verbrauch und Stromspeichern. Der Plan baut auf einem ersten Aktionsplan aus dem Jahr 2019 auf und wurde im Vorfeld mit Mitgliedstaaten, Verbänden, Netzbetreibern und Unternehmen konsultiert. Laut BMWE überwog dabei Zustimmung zu den vorgeschlagenen Maßnahmen.

Mehr Preiszonen: Unabhängige Expertenkommission sieht regionale Preissignale als Effizienzhebel

Mit der Entscheidung gegen unterschiedliche Strompreisregionen widerspricht die Bundesregierung jedoch auch der Einschätzung der unabhängigen Expertenkommission zum Energiewende-Monitoring. In ihrem aktuellen Monitoringbericht 2025 betont die Kommission, dass ein weiterentwickeltes Marktdesign notwendig sei, um Systemkosten zu senken und Fehlanreize zu vermeiden.

Ein zentraler Punkt dabei: Regional differenzierte Börsenstrompreise könnten Netzengpässe besser abbilden und Investitionen zielgenauer steuern. Prof. Dr. Veronika Grimm unterstreicht: „Um die Energiewende effizient voranzutreiben und die Kosten im Rahmen zu halten, ist es entscheidend, dass stärker auf Marktsignale gesetzt wird.“ Aus Sicht der Kommission sind unterschiedliche Preiszonen damit eine mögliche Voraussetzung für eine erfolgreiche und kosteneffiziente Energiewende. Regionale Preissignale gelten der Kommission dabei als Instrument, um systemdienliche Investitionen in Erzeugung, Speicher und Netze zu fördern.

Quelle: IWR Online

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