USA: Schmiergelder für Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken
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Münster – In den USA sind das Energieunternehmen FirstEnergy Corp. mit Sitz in Akron, Ohio, und republikanische Politiker in einen riesigen Bestechungsskandal rund um die Laufzeitverlängerung von Atomkraftanlagen verwickelt. Das Unternehmen betreibt über die Tochter Energy Harbour Corp. die Atomkraftwerke Beaver Valley (Block 1 und 2) in Pennsylvania sowie Davis Besse und Perry im US-Bundesstaat Ohio.
Billiger Strom aus Gaskraftwerken und erneuerbaren Energien setzen die Betreiber von US-Atomkraftwerken zunehmend unter wirtschaftlichen Druck. Um die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Kernkraftwerke wiederherzustellen wurde auch nach alternativen Wegen gesucht, an öffentliche Subventionen zu gelangen. In Ohio schien das 2019 nächst auch gelungen zu sein, ist dann aber aufgeflogen. Das FBI ermittelt, es kommt Mitte 2020 zu zahlreichen Verhaftungen. Die Nachwirkungen des Skandals sind bis heute spürbar.
AKW-Betrieb von Davis Besse und Perry zu teuer – Politik rettet Atomkraftwerke
Das Ende für die beiden Atomkraftwerke Davis Besse (925 MW) und Perry (1300 MW) schien bereits im Jahr 2018 besiegelt. Versuche, den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke zu ermöglichen, scheiterten zunächst. Der Atomstrom war im Vergleich zu Strom aus Gaskraftwerken und erneuerbaren Energien zu teuer. FirstEnergy drohte erst mit Stilllegung der Kernkraftwerke, dann kam Mitte 2019 doch noch die politische Rettung. Im Fokus steht das Atomrettungs-Gesetzespaket House Bill 6 (HB 6). Das sah u.a. mehr als 1 Milliarde USD für die beiden unwirtschaftlichen AKW vor. Finanziert werden sollte das AKW-Rettungspaket über einen Aufschlag auf die Stromrechnung der Kunden in Höhe von jährlich 150 Mio. USD, beginnend ab Januar 2021.
Der 60 Mio. Dollar Bestechungsskandal erschüttert nicht nur Ohio
Dreh- und Angelpunkt des Bestechungsskandals ist offenbar der ehemalige republikanische Sprecher des Ohio-Repräsentantenhauses Householder. Er, vier seiner Mitarbeiter sowie weitere Persönlichkeiten wie der Haushaltsberater wurden bereits im Juli 2020 verhaftet. Nach Angaben der Nachrichtenagentur AP haben FBI-Ermittler herausgefunden, dass Householder eine Gruppe mit dem Namen „Generation Now“ kontrollierte, die in drei Jahren insgesamt 60 Mio. USD von einem unbekannten Unternehmen erhalten hatte.
Im Gegenzug hat die Gruppe laut einer FBI-Strafanzeige daran gearbeitet, die Rettungsaktion für die Kernkraftwerke zu unterstützen und Versuche zu blockieren, die eine Verlängerung verhindern wollten. Das brisante an der Geschichte: die Zahlungen erfolgten nach AP-Angaben in Stückelungen je nach Fortschritt des Gesetzgebungsverfahrens. Nach dem erfolgreichen Gesetzgebungsverfahren flossen noch einmal 38 Mio. USD quasi als Abschlusszahlung.
Bundesrichter entscheidet zu Gunsten einer Sammelklage gegen FirstEnergy
Das Ringen um die weitere Entwicklung der AKW-Subventionen in Ohio geht unterdessen weiter. Ein ordentliches Gericht hatte im Rahmen einer einstweiligen Verfügung die Erhebung der Zusatzgebühren nach HB 6 verhindert, zusätzlich war noch eine Sammelklage aus dem Oktober 2020 gegen den Energieversorger anhängig. Nach einem Bericht des Courthouse News Services, einem Nachrichtendienst für Anwälte, hat ein Bundesrichter nun entschieden, dass die Atomstrom-Zuschläge auf die Strompreise im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens in Ohio durch die Verhaftung des Sprechers des Ohio Repräsentantenhauses eine konkrete Verletzung darstellen. Dies ermöglicht es den Stromkunden, gegen die FirstEnergy Corp. Ansprüche geltend zu machen.
Den Antrag auf Abweisung der Sammelklage gegen das Energieunternehmen lehnte der Bundesrichter ab, da hier eine Gruppe „dunkles“ Geld eingesetzt und Bestechungsgelder kassiert hatte, um Gesetze zu verabschieden. In der Sache selbst haben sich einige Mitangeklagte bereits für schuldig bekannt, auch die Dark-Money-Gruppe selbst.
Quelle: IWR Online
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