07.07.2008, 11:39 Uhr

Verband: Zweifel an Weltbank-Studie zu Biokraftstoffen - EU-Klimaziel soll jetzt mit Elektroautos erreicht werden

Berlin/Münster - Kritiker von Biokraftstoffen werfen den Produzenten vor, Getreide und andere natürliche Rohstoffe trotz ansteigender Nachfrage nach Lebensmitteln und Viehfutter zur Biosprit-Herstellung zu verwenden. Dies trage erheblich zum weltweiten Anstieg der Nahrungsmittelpreise bei. Einer bislang nicht veröffentlichten und nicht zugänglichen Weltbank-Studie zufolge ist die Herstellung von Biotreibstoffen zu 75 Prozent für den Lebensmittelpreis-Anstieg verantwortlich. Die Branche sieht diese Ergebnisse jedoch sehr skeptisch. „Das bisher durchgesickerte Ergebnis der neuen Studie der Weltbank zur Verantwortlichkeit von Biokraftstoffen an den gestiegenen Lebensmittelpreisen ist zweifelhaft, und die Methodik der Untersuchung muss genau überprüft werden. Denn nach bisher veröffentlichten Studien der Europäischen Union und des Britischen Umweltministeriums haben Biokraftstoffe nur einen geringen Einfluss auf die Preise von Agrarrohstoffen“, sagt Claus Sauter, Vizepräsident des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Der VDB fordert eine faire und überprüfbare Bewertung von Biokraftstoffen, die sich differenziert mit dem Thema auseinandersetzt und nicht vorhandene, unberechtigte Vorurteile zementiert.
VDB: weltweite Missernten und Spekulationen für Preissteigerungen verantwortlich
Schließlich sprächen aus VDB-Sicht viele Gründe dafür, dass Biokraftstoffe nur einen geringen Anteil an der Preissteigerung für Lebensmittel der vergangenen Monate ausmachen. Zum Beispiel habe die weltweite Verwendung von Getreide für die Herstellung von Biokraftstoffen gemessen am gesamten Verbrauch nur einen geringen Anteil von deutlich unter fünf Prozent. Etwa 35 Prozent werden weltweit als Futtermittel verbraucht, knapp 60 Prozent als Nahrungsmittel und Saatgut. „Ob eine Nachfragesteigerung von etwa fünf Prozent einen Preiseffekt bei Getreide von 75 Prozent hat, wie die Studie nach ersten Meldungen aussagt, ist zweifelhaft“, sagt Sauter. Verantwortlich seien nach Angaben von Experten vielmehr weltweite Missernten in den letzten Jahren – auch in Europa. Auch die Finanzmärkte spielten eine wichtige Rolle: Spekulationen auf die Preise seien offenbar ein lohnendes Geschäft für milliardenschwere Fonds geworden. Deren Einstieg habe die Nachfrage weiter gesteigert, was die Preise nach oben treibe.
Als weitere Ursache für den Preisschub sehen Experten unter anderem die höheren Energiekosten für die agrarische Produktion. „Mineralöl ist der eigentliche Preistreiber der vergangenen Monate, in nur sechs Monaten hat sich der Ölpreis verdoppelt. Im Herbst wird Gas voraussichtlich noch einmal 50 Prozent teurer“, sagt Sauter.
EU-Klimaschutzziele mit Biokraftstoffen und Elektrofahrzeugen
Gleichzeitig haben sich EU-Energieminister am Wochenende aufgrund der Kritik an Biokraftstoffen gegen den Vorschlag der EU-Kommission ausgesprochen, bis 2020 ausschließlich den Biosprit-Anteil am Treibstoffverbrauch auf zehn Prozent bis 2020 steigern zu wollen. Die Biosprit-Vorgaben sind Teil des Klima- und Energiepakets, mit dem die EU ihren Treibhausgasausstoß bis 2020 um ein Fünftel senken will. Dieses Ziel solle sich in Zukunft nicht mehr nur auf Biosprit, sondern auch auf Elektroautos beziehen, sagte der französische Umweltminister Jean-Louis Borloo. Dafür müssten allerdings Elektro- oder Wasserstoffautos bis 2020 wettbewerbsfähig werden. Nach Berechnungen der Europäischen Umweltagentur (EEA) könnte die EU nur einen kleinen Teil des geplanten Einsatzes von Biokraftstoffen selbst produzieren und sei deshalb in erster Linie auf Importe angewiesen.
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Quelle: iwr/07.06.2008/