03.05.2010, 16:44 Uhr

Bain-Analyse zur Elektromobilität: Zuschüsse für Forschung nötig

München - Mit der Gründung der Geschäftsstelle E-Mobilität geht die Bundesregierung nach Ansicht der Unternehmensberatung Bain & Company einen entscheidenden Schritt. Dadurch könne die künftige öffentliche Förderung bei der Entwicklung elektrisch betriebener Fahrzeuge nach einem einheitlichen Konzept zentral gesteuert werden, wie es auch in vielen anderen Ländern bereits der Fall sei. Dies gebe der deutschen Industrie die Möglichkeit, ihren derzeitigen Rückstand bei Serienfahrzeugen mit Elektroantrieb noch aufzuholen. Eine aktuelle Bain-Analyse zeige, dass die heute führenden E-Auto-Hersteller sehr häufig auf eine nationale Förderpolitik von mehr als zehn Jahren zurückblicken könnten - im Falle Japans seien es sogar fast 40 Jahre.

Deutschland stehe dagegen erst am Anfang. Obwohl mit dem Konjunkturpaket II von 2009 bis Ende dieses Jahres 500 Mio. EUR an Fördermitteln in die Elektromobilität geflossen seien, sei bisher nur wenig für die deutsche Industrie erreicht worden. Der Aufbau einer öffentlichen E-Mobiltäts-Infrastruktur sollte nach Ansicht von Bain zunächst keine Priorität genießen. Die meisten E-Auto-Nutzer der ersten E-Mobilitäts-Phase würden sich mit der Reichweite rund um ihre Ladestation begnügen. Es wären einerseits wohlhabende Privatleute, die bereits ein Premiumfahrzeug besitzen und das E-Auto von zuhause aus als Zweitfahrzeug für den Nahverkehr nutzen wollten. Andererseits seien es kleine und große Unternehmen, die ihre Firmenwagen auf dem eigenen Parkplatz laden könnten.

Untersuchungen haben laut Bain ergeben, dass der Deutsche pro Tag durchschnittlich nur knapp 40 Kilometer zurücklegt. Das bedeute konkret, dass 80 Prozent der Autofahrer ihr E-Auto abends mit deutlich mehr als der halben Batterieladung in der heimischen Garage zum Wiederaufladen abstellen würden. Investitionen in neue Kraftwerke würden durch die E-Mobilität ebenfalls zunächst nicht nötig. Selbst bei einem Anteil der E-Autos von 20 Prozent steige der Stromverbrauch um rund vier Prozent, die vorwiegend nachts anfallen würden. Vorrangiges Ziel der E-Mobilitäts-Förderung muss nach Ansicht der Unternehmensberatung die Unterstützung und Koordination einer branchenübergreifenden Forschung sein, die von der Batterie bis zum fertigen System reicht. Trotz des späten Starts der deutschen Industrie in die E-Mobilität ist ein Aufholen nach Ansicht der Bain-Berater möglich:

Andere Länder haben einer Bain-Analyse zufolge bereits vor vielen Jahren begonnen, die E-Mobilität intensiv zu fördern, allen voran Japan. Die technologische Führung der japanischen Industrie bei den Hybrid-Fahrzeugen habe ihren Ursprung auch in den intensiven staatlichen Förderprogrammen zu Elektro- und Hybridantrieben. Für China gebe es zwei Aspekte, die die E-Mobilität für das Land besonders interessant machten: Einerseits habe die heimische Automobilindustrie bei der noch jungen E-Auto-Technologie die Chance, schnell zur internationalen Konkurrenz aufzuschließen, andererseits litten viele chinesische Großstädte unter einer hohen Smog-Belastung, die durch E-Autos gelindert werden könnte. Frankreich widerum wittere die Chance, mit einer großangelegten E-Mobilitäts-Initiative der zu weiten Teilen in Staatsbesitz befindlichen Automobilindustrie neue Impulse geben zu können. Im Einzelnen stellt sich die Situation in den führenden Ländern laut Bain wie folgt dar:

China

China begann demnach im Jahr 2001, die Forschung und Entwicklung von E-Autos mit progressiv ansteigenden Beträgen zu subventionieren. Bis 2005 seien 100 Mio. EUR in die neue Technologie geflossen, von 2006 bis Ende 2010 seien es weitere 550 Mio. EUR. Die chinesische Regierung fördere öffentliche Elektrobusse mit 55.000 EUR und E-Autos für den öffentlichen Dienst mit 6.700 EUR. Einige Städte hätten zudem begrenzte Subventionen für Käufer angekündigt, so wolle Chongqing für die ersten 100 Käufer des E-Autos "Chana Jiexun" neben einem Zuschuss auch eine dreijährige Maut-Befreiung gewähren. Die Mehrheit der Automobilexperten in China glaubt nach Angaben von Bain, dass eine E-Auto-Penetration von 5 Prozent bereits bis zum Jahr 2015 möglich ist.

Frankreich

Bereits vor der Jahrtausendwende habe Frankreich Hersteller und Käufer von E-Autos mit insgesamt 230 Mio. EUR subventioniert. Im Jahr 2005 seien 40 Mio. EUR in die Erforschung und Entwicklung alternativer Antriebe geflossen, im folgenden Jahr 120 Mio. EUR und von 2007 bis 2009 waren es 250 Mio. EUR. Neben direkten Förderungen für die Automobilforschung seien bis zum Jahr 2020 Käufersubventionen von 5.000 EUR je Auto, eine kostenlose Autozulassung und verringerte nächtliche Ladegebühren geplant. Bis zum Jahr 2020 plane Frankreich, 670 Mio. EUR in die Elektromobilität zu investieren.

Japan

Die japanischen Behörden haben nach Angaben von Bain seit 1971 kontinuierlich in die E-Mobilität und in Hybrid-Technologien investiert. Es habe mehrere langjährige Forschungsprojekte mit breiter Industriebeteiligung, ein Infrastrukturprojekt für Stromtankstellen, den "Clean Energy Vehicle Diffusion Plan" zur Einführung saubererer Fahrzeuge und das Millennium Projekt zur E-Komponenten-Standardisierung gegeben. 2008 und 2009 habe die japanische Regierung jeweils rund 50 Mio. EUR in die Elektromobilität investiert, 2010 sollen es 100 Mio. EUR sein. Bisher habe die japanische Regierung keine offizielle Ankündigung zur weiteren Förderung der E-Mobilität gemacht. Regierungsvertreter würden jedoch eine Käufer-Subvention von 2.000 EUR für den Wechsel von einem mehr als 13 Jahre alten Auto zu einem E-Auto, eine Befreiung von E- und Hybridautos von der KFZ-Steuer sowie eine Senkung der Steuern um 50 bis 70 Prozent für Käufer von schadstoffarmen und kraftstoffsparenden Autos erwarten.

USA

Die USA subventionierten die Entwicklung von Elektrofahrzeugen laut Bain zwischen 1993 und 1998 mit insgesamt 455 Mio. EUR und auch danach flossen kontinuierlich Staatsgelder in die F&E von Elektrofahrzeugen. Bis 2016 wolle die US-Regierung weitere 1,5 Mrd. EUR an Forschungsbeihilfen gewähren. Zudem hätten die USA Käufer-Subventionen angekündigt. Im Gespräch sei ein Kredit von 1.800 EUR für jedes Auto mit einer Batteriekapazität von mehr als 4.000 kWh sowie 316 EUR für je weiterer 1.000 kWh. Bei Hybridfahrzeugen solle es für die ersten 60.000 Fahrzeuge je Hersteller einen Kredit von 2.600 EUR geben. Zudem sollen E-Autos umsonst parken dürfen und von Gebühren für Straßenerhalt und Maut befreit werden.

Großbritannien

In Großbritannien sollen E- und Hybrid-Autos ab 2011 einen Kaufzuschuss von 25 Prozent erhalten, bis zu einer Grenze von 5.800 EUR, dazu eine 50%-Reduzierung für das Aufladen über Nacht sowie Befreiungen von den Steuer- und Anmeldungskosten, Mautgebühren und den Londoner Stau-Zuschlägen. Für Firmenwagen sind nach Angaben von Bain spezielle E-Auto-Sätze für die Abschreibung vorgesehen. Zudem fördere London die Einrichtung von Parkplätzen mit Ladegelegenheit, auf denen nur Car Club-Autos stehen dürften. Bis 2020 solle das Programm rund 2,6 Mrd. EUR kosten.

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